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Präses Annette Kurschus gratuliert Altpräses Hans-Martin Linnemann zum 90. Geburtstag

„Sein Wort hat Gewicht – bis heute“

MedienInfo 72/2020
 

Hans-Martin Linnemann, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) von 1985 bis 1996, feiert am 30. Dezember seinen 90. Geburtstag. Präses Annette Kurschus gratuliert ihrem Amtsvorgänger und würdigt ihn als Pastor, der „Gottes Wort groß gemacht“ und dessen Wort darum bis heute Gewicht habe.

Annette Kurschus: „Mit Hans-Martin Linnemann wählte die Landessynode im Jahr 1984 zum ersten Mal einen Vertreter aus dem Ruhrgebiet in das Amt des Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. Damals hatte Linnemann sich überregional längst einen Namen gemacht als Pfarrer an St. Reinoldi in Dortmund, als Superintendent des Kirchenkreises Lünen und als Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Kirchenkreise Dortmund und Lünen. „Kirche in der Stadt heißt auch: mitreden, sich einmischen in die Angelegenheiten der Bürger und der Kommune, sei es bei Fragen der Arbeitslosigkeit, der Frage der neuen Medien oder der Friedensdiskussion“, sagte er in seiner Vorstellungsrede vor der Synode.

Hans-Martin Linnemann war in einer Zeit Präses, als in Staat, Gesellschaft und Kirche einschneidende und weitreichende Veränderungen einsetzten. In seine Amtszeit zwischen 1985 und 1996 fielen z.B. die Katastrophe von Tschernobyl, der Fall der Berliner Mauer, der erste Golfkrieg, der Krieg im ehemaligen Jugoslawien, die Unabhängigkeit Namibias und das Ende der Apartheid im südlichen Afrika, die anhaltende Massenarbeitslosigkeit sowie die Zunahme von geflüchteten und Asyl suchenden Menschen in Deutschland.

Präses Linnemann antwortete darauf, indem er sich aktiv einsetzte im Konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Er machte sich stark für eine missionarisch-diakonische Volkskirche, die auch ihre seelsorgliche Verantwortung ernst nimmt.

Die Einheit der Evangelischen Kirche in Deutschland lag ihm ebenso am Herzen wie die Gemeinschaft mit den Evangelischen Kirchen in Afrika, Asien und Europa, die Einheit der getrennten Christenheit in Deutschland und der weltweiten Ökumene.

Die Attitüde eines „Kirchenfürsten“ blieb Linnemann zeitlebens fremd. Er verstand seinen Dienst als Pastor. Ob als Präses in Westfalen oder als Mitglied des Rates der EKD: Linnemann fiel auf durch gründliche Sach- und Aktenkenntnis, er war offen und klar im Gespräch, auch Positionen von Minderheiten verschaffte er Gehör. Linnemann trat nicht als ein Mann „großer Worte“ auf; stattdessen hat er Gottes Wort groß gemacht. Darum hat sein Wort Gewicht - bis heute.

Ich habe meinen Vor-Vor-Vorgänger im Amt als einen bescheidenen, selbstdisziplinierten und im besten Sinne des Wortes nüchternen Menschen kennen- und schätzen gelernt. Wach und interessiert, kritisch und zugleich voller Wohlwollen nimmt er teil am Weg „seiner“ westfälischen Kirche. Mich beeindruckt zutiefst, wie jung und beweglich er dabei geblieben ist: Nirgends hält er aus Prinzip an alten Überzeugungen oder gewachsenen Strukturen fest. Nicht alles, was früher gut und sinnvoll war, muss zwingend auch künftig gut und sinnvoll sein: In diesem Geiste bedenkt und begleitet der weise und erfahrene Ehemalige die Wege und Entscheidungen derer, die jetzt in der Leitungsverantwortung stehen. Das ist für mich persönlich und für unsere Kirche ein kostbares Geschenk. Ich suche gern und dankbar den Rat des Älteren; er bedeutet mir viel.

Zu seinem 90. Geburtstag ein Wort aus dem wunderbaren 90. Psalm: 
Fülle uns frühe mit deiner Gnade, so wollen wir rühmen und fröhlich sein unser Leben lang. (Psalm 90,14).“

Biographisches

Hans-Martin Linnemann, geboren 1930 in Witten, verbrachte seine Jugend in Amelunxen bei Höxter. Nach dem Theologiestudium in Marburg, Göttingen, Münster und Bethel wurde er 1960 Studentenpfarrer in Münster und 1965 Pfarrer an der Reinoldikirche in Dortmund. Von 1976 bis 1985 war er Superintendent des Kirchenkreises Lünen und Vorsitzender der Vereinigten Kirchenkreise Dortmund und Lünen.
„Ich bin ein Kind des Ruhrgebietes“ war der erste Satz seiner Vorstellung vor der Westfälischen Landessynode, die ihn am 14. November 1984 als Nachfolger von Dr. Heinrich Reiß zum Präses wählte. Rückblickend sagt er, in seiner Leitungsaufgabe habe er sich im Landeskirchenamt – „es ist besser als sein Ruf“ – und in der Kirchenleitung immer von einer vertrauensvollen Gemeinschaft getragen gefühlt.

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