Jochen Arnold, neuer Dezernent für „Kirchliches Leben“ im Interview
„Ich bin viel zu neugierig …“
Jochen Arnold ist seit September neuer Theologischer Dezernent und Landeskirchenrat der Evangelischen Kirche von Westfalen. Wir haben mit dem 56-jährigen Kirchenmusiker, Theologen und Hochschulprofessor über das Loslassen, Lektionen aus internationalen Begegnungen und seine Ziele in Westfalen gesprochen.
Jochen Arnold, Sie haben mehr als 20 Jahre das Michaeliskloster in Hildesheim geleitet. Was hat Sie dazu bewegt, noch einmal eine ganz neue Aufgabe in Westfalen zu übernehmen?
Jochen Arnold: Es gab mehrere Gründe. Der Radius an inhaltlichen, besonders theologischen Themen ist groß, vielleicht noch größer als in Hildesheim. Das reizt mich. Ich kann an vieles anknüpfen, Neues dazulernen und hoffentlich noch ausbauen. Zweitens scheint die Aufgabe familiär darstellbar mit Präsenz- und Reisetagen in Westfalen und fokussierter Arbeit im Homeoffice. Und drittens habe ich mich einfach gefreut, dass man mich für eine wichtige Aufgabe in der Nachbar-Landeskirche gefragt hat. Ich fühle mich schon jetzt sehr willkommen. Ich möchte aber aus vollem Herzen auch sagen, dass es nichts gab, was mich als Direktor des Michaelisklosters gestört hätte. Ich habe diese Arbeit mit großer Hingabe und Lust getan. Aber ich bin zu neugierig und auch zu risikofreudig, um jetzt nicht noch etwas Neues zu wagen.
Was haben Sie sich für Ihre neue Aufgabe vorgenommen?
Jochen Arnold: In Westfalen sind viele Voraussetzungen meiner Meinung sehr gut! Das sollten gerade die Westfalen selbst nicht vergessen und geringschätzen. Ich will mich für eine hohe Qualität in Aus- und Fortbildung einsetzen, für Kirchenmusiker*innen, Pfarrer*innen, Prädikanten, Lektorinnen und Küster und viele andere. Wir haben da einen großen Schatz. Wir dürfen das Gute und Schöne neu zum Leuchten bringen. Ich möchte mit meinem Hintergrund auch selbst theologische Impulse geben. Dazu gehört weiterhin meine Arbeit auf EKD-Ebene: am neuen Evangelischen Gesangbuch, aber auch in der Liturgischen Konferenz Deutschlands, deren Vorsitzender ich bin. Für die Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, die ich Ende August besuchen durfte, habe ich gemeinsam mit Kolleg*innen aus ganz Europa ein Papier verfasst, dass sich mit der Frage beschäftigt, wie wir im 21. Jahrhundert einladend Abendmahl feiern können. Es gehört mehr dazu als zu sagen: „Wir schicken niemanden weg.“ Das ist auch für Westfalen hochrelevant – finde ich.
Sie haben sich auf den Wechsel nach Westfalen bewusst vorbereitet.
Jochen Arnold: Ich hatte schon sehr lange geplant, eine Auszeit zu nehmen, als einmalige Studienzeit. Die hat sich aus verschiedensten Gründen immer weiter verzögert. Von Mitte Mai bis Mitte Juli habe ich es nun endlich geschafft und bin nach Äthiopien und in den Norden von Tansania gereist, um an zwei evangelischen Universitäten „anzudocken“: am Mekane Yesus Theological Seminary in Addis Abeba und der Makumira University bei Arusha. Hier geschieht sowohl theologische als auch musikalische Ausbildung.
Inwiefern hat Ihnen das geholfen?
Von solchen Reisen bringt man unheimlich viele Erkenntnisse mit – sei es Dankbarkeit für das, was wir hier bei uns haben, seien es neue Melodien, persönliche Freundschaften und die Entdeckung von Segensspuren, zum Beispiel der Missionare aus Bethel. Meine Energie, an unseren eigenen Gottesdiensten zu arbeiten und die Verbindung von Liturgie und Leben transparent zu machen, hat sich noch erhöht. Ich habe auch gesehen, wie unglaublich segensreich zum Beispiel kirchliche Colleges, an denen sogenannte Evangelist*innen und Musiker*innen ausgebildet werden, für die geistliche Prägung von jungen Menschen sind. Deshalb brauchen wir auch unsere kirchlichen Musikhochschulen unbedingt! Ich bin hochmotiviert, diese Anregungen und Bilder in Westfalen einzutragen.
Sie sind nach dem Tod Ihrer Ehefrau seit ein paar Jahren alleinerziehender Vater von vier Töchtern …
Jochen Arnold: … von denen zwei noch bei mir wohnen, ja. Die Großen studieren, die Dritte geht bald für ein halbes Jahr nach Kanada. Die Jüngste braucht aber trotz meines beruflichen Wechsels viel Aufmerksamkeit. Ich habe zum Glück ein sehr gutes soziales Netz zu Hause, das uns in dieser Veränderung helfen wird. Dafür bin ich sehr dankbar. So kann ich mich ganz auf die vielen neuen Gesichter in Bielefeld, Villigst, Herford, Dortmund, Bochum, Münster und vielen weiteren Orten freuen und einlassen. Ich freue mich auf interessante Gespräche und Begegnungen mit freundlichen und kompetenten Menschen. Und davon gibt es in der westfälischen Landeskirche wirklich sehr viele.