Sola scriptura, sola fide, sola gratia, solus Christus
Reformationstag 2022

„Gott macht den ewigen Kreisläufen der militärischen Aktionen ein Ende“

Predigt zu Psalm 46 am Reformationstag 2022 in der Schlosskirche zu Wittenberg
Dr. h. c. Annette Kurschus, Vorsitzende des Rates der EKD und Präses der EKvW

2 Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die 
uns getroffen haben. 3 Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt 
unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken, 4 wenngleich das Meer 
wütete und wallte und von seinem Ungestüm die Berge einfielen. 
5 Dennoch soll die Stadt Gottes fein lustig bleiben mit ihren Brünnlein, da 
die heiligen Wohnungen des Höchsten sind. 6 Gott ist bei ihr drinnen, 
darum wird sie fest bleiben; Gott hilft ihr früh am Morgen. 7 Die Völker 
müssen verzagen und die Königreiche fallen, das Erdreich muss vergehen, 
wenn er sich hören lässt. 8 Der HERR Zebaoth ist mit uns, der Gott Jakobs 
ist unser Schutz. 9 Kommt her und schauet die Werke des HERRN, der auf 
Erden solch ein Zerstören anrichtet, 10 der den Kriegen ein Ende macht in 
aller Welt, der Bogen zerbricht, Spieße zerschlägt und Wagen mit Feuer 
verbrennt. 11 Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin! Ich will mich 
erheben unter den Völkern, ich will mich erheben auf Erden. 12 Der HERR 
Zebaoth ist mit uns, der Gott Jakobs ist unser Schutz.

I.
„Ein menschliches Herz ist wie ein Schiff auf einem wilden Meere, welches 
die Sturmwinde von allen vier Himmelsrichtungen hin und her treiben“: So 
liebe Festgemeinde, beginnt Martin Luther die Vorrede zu seiner
Übersetzung der biblischen Psalmen. Und er fährt fort: „..von hierher 
stößt Furcht und Sorge vor zukünftigem Unglück; von dorther fährt Gram 
und Traurigkeit über gegenwärtiges Übel; von da weht Hoffnung und 
Vermessenheit im Blick auf zukünftiges Glück; von dort bläst Sicherheit 
und Freude über gegenwärtigen Gütern. Solche Sturmwinde aber lehren 
mit Ernst reden und das Herz öffnen und es von Grund ausschütten. Denn 
wer in Furcht und Not steckt, der redet sehr viel anders vom Unglück, als 
wer in Freuden schwebt; und wer in Freuden schwebt, der redet und singt 
sehr viel anders von Freuden, als wer in Furcht steckt.“

Herzensklug und feinfühlig und gar nicht akademisch geht Martin Luther
seine Übersetzungskunst an. Er versteht viel vom menschlichen Herzen.
Und ganz offensichtlich liebt er die Psalmen, die so ernst, so innig aus 
unserem Innersten heraus sprechen – und mitten hinein ins Herz. Luther
hat alles darangesetzt, die Sprachkraft dieser biblischen Gebete und 
Lieder ins Deutsche zu übertragen. Mal wuchtig, mal zart. Mal deftig, mal 
behutsam. Auf geniale Weise ist ihm dies gelungen. Genau vor 500 
Jahren, im September 1522, war eine erste Auflage seiner Übersetzung 
des Neuen Testaments fertig. In diesem Jahr gibt es also besonderen 
Grund, dankbar zu feiern, wie wortgewaltig Martin Luther uns die Bibel 
aufgeschlossen hat.

II.
Beim 46. Psalm ist ihm dieses Werk sogar doppelt mächtig geglückt:
Luther hat den Psalm nicht nur in die deutsche Sprache übersetzt, er hat 
ihn auch zu einem Lied gemacht, das längst mehr ist als ein Lied. Viele 
nennen es die Hymne, manche gar die Marseillaise der Reformation: „Ein 
feste Burg ist unser Gott“. Der Choral strotzt vor Trotz, er bietet Tod und 
Teufel die Stirn.

Das ist stark. Und: es erschreckt. Mich jedenfalls.

Beim Einstimmen in diesen Choral zögere ich jedes Mal, wenn meine 
Lippen die kriegerischen Worte „ein gute Wehr und Waffen“ formen.
Und regelmäßig befremdet´s mich, wenn aus meiner Kehle die heroischen
Sätze erklingen: 

Und wenn die Welt voll Teufel wär / und wollt uns gar verschlingen, so 
fürchten wir uns nicht so sehr.

Oder:
Gut, Ehr, Kind und Weib: / lass fahren dahin, sie haben‘s kein‘ Gewinn.
Dieser kämpferische, beinahe militante Ton macht mir Unbehagen. 
Ähnlich ist es, wenn ich den Psalm laut spreche, wie wir das gerade 
gemeinsam getan haben:

Wir fürchten uns nicht, wenngleich die Welt unterginge und die Berge 
mitten ins Meer sänken, wenngleich das Meer wütete und wallte und von 
seinem Ungestüm die Berge einfielen.

Ehrlich gesagt, liebe Gemeinde: Ich fürchte mich sehr wohl. Und wie. 
Bisweilen überfällt mich große Angst vor dem Schreckensszenario: dass 
die Welt untergeht und die Berge ins Meer stürzen und die Fluten 
Menschen und Tiere, Häuser und Gärten, Hab und Gut verschlingen. 
Tatsächlich ist mir bang vor einer Katastrophe von kosmischen Ausmaßen, 
verursacht durch atomare Kräfte oder Naturgewalten. Die Bilder von den 
Vorhöllen in den Kriegsgebieten der Ukraine oder von den Flutgebieten in 
unserem Land nähren meine Sorge, irgendwann könnte die Zerstörung 
nicht mehr zu beherrschen sein. Dann ist mein Herz so, wie Luther es 
beschreibt: wie ein Schiff auf einem wilden Meere, welches die 
Sturmwinde von allen vier Himmelsrichtungen hin und her treiben.
Offenbar bin ich damit nicht allein. Bundespräsident Steinmeiner 
bekundete letzten Dienstag nach seinem Besuch in Kiew: "Es ist alles viel 
furchtbarer, als wir uns das in Deutschland vorstellen". Und das glaube 
ich ihm.

III.
Der Psalm von der festen Burg ist ein Text aus dem Gesangbuch Israels, 
durchtränkt von Kriegserlebnissen und Kriegserinnerungen des 
Gottesvolks. Sie haben die Belagerung ihrer Stadt Jerusalem erlebt, sind 
Opfer des zerstörerischen Angriffs einer feindlichen Großmacht geworden. 
Die martialischen Bilder sind keine Gleichnisse, sie malen uns vielmehr 
reale Gewalterfahrungen vor Augen: schonungslos, ohne Schalldämpfer, 
ohne Weichzeichner. Die Menschen, die einst dieses Lied anstimmten, 
haben am eigenen Leibe Gewalt erlebt. Und diese Gewalt hat in ihnen die 
Angst geweckt: Gottes Schöpfung bricht zusammen. Gottes gute Ordnung 
löst sich auf. Wie kann jetzt überhaupt noch Politik möglich sein? Das 

Tohuwabohu kehrt zurück, das nackte Chaos bricht sich Bahn: ´s ist 
Krieg!

Klar, Krieg ist immer anders. Die Streitwagen von früher sind die Panzer 
von heute, das Gewehr von heute ist der Bogen von gestern. Krieg ist 
aber auch immer gleich, in biblischen Zeiten wie heute:
Menschen werden überfallen, wehren sich unerschrocken in höchster 
Gefahr, bekennen zornig-tapfer: „Wir fürchten uns nicht, auch wenn die 
Welt unterginge.“

Menschen fliehen, suchen in ihrer Todesangst eine feste Burg, die sie
schützt, hasten in den Keller, in das Theater, in den U-Bahnschacht, beten 
dort: „Gott ist unsere Zuflucht und unsere Stärke. Er hilft uns früh am 
Morgen.“

Menschen rufen nach guter Wehr und Waffen, um Leib und Leben zu 
verteidigen, nach Hilfe in den großen Nöten, die sie getroffen haben.
Und wenn der Kriegslärm vorbei und das feindliche Heer davon ist, 
kommen die Überlebenden aus ihren Verstecken, sehen die 
zertrümmerten Geschütze, die zerbrochenen Gewehre, die verkohlten 
Panzer und murmeln: „Gelobt sei Gott, der Bogen zerbricht und Spieße 
zerschlägt und die Streitwagen mit Feuer verbrennt.“

Bekannte erzählen von der Ukrainerin, die bei ihnen wohnt: Sie habe 
zufrieden gestaunt, als sie die zerstörte Krim-Brücke sah.
Aber: Sollten diese Zerstörungen wirklich Gottes Werke sein? 

IV.
Ich erinnere mich an Martin Luthers Vorrede zum Psalter:
Wer in Furcht und Not steckt, der redet sehr viel anders vom Unglück, als 
wer in Freuden schwebt. 
Ja, so ist das. Und es ist wichtig, dies auch im Blick auf den 46. Psalm zu 
bedenken. 

Der Psalm spricht die Sprache der Kriegsopfer. Wie sollte ich es 
verurteilen, wenn ein Mensch, der angegriffen wird, Gott für jeden kleinen 
Sieg dankt? Und wie sollte ich kategorisch Nein sagen dazu, ihm mit Wehr 
und Waffen zu helfen, damit er den Raketenangriffen nicht wehrlos 
ausgeliefert ist?

Aber darf ich wirklich einstimmen in die Melodie des Psalms, die auf 
Vernichtung der Feinde sinnt? Dürfen das meine Töne werden, die solche 
Vernichtung als Gottes Werk besingen?

Luther lehrt mich zu sehen: Ich stecke nicht in derselben Furcht und Not 
wie die Menschen in Israel damals. Ich stecke auch nicht in derselben 
Furcht und Not wie die Menschen in der Ukraine und in anderen 
Kriegsgebieten heute.

Und so frage ich mich:
Wer ist eigentlich das „Wir“ des Psalms? Und wer sind die anderen, die 
nicht zu diesem „Wir“ gehören? 

Da wendet sich Israel in höchsten Nöten an seinen Gott; da beten die an 
Leib und Leben Bedrängten.

Es ist nicht unmittelbar „mein“ oder „unser“ Lied. Vorsicht vor solch 
übergriffiger und buchstäblich geist-loser Aneignung! Sie ist eine große 
Versuchung, und leider sind die Kirchen dieser Versuchung allzu oft 
erlegen. „Gott mit uns!“ hieß es etwa im Ersten Weltkrieg, und auf 
welcher Seite im Krieg sie auch standen, sie haben Gott vor den Karren 
ihrer eigenen Interessen gespannt, sich Gottes bemächtigt. Der Soziologe
Hans Joas schreibt in seinen „Denkskizzen“ zu Psalm 46: „Die Gefahr gibt 
es nicht nur im Kampf der Nationalismen, sondern überall dort, wo die 
eigene Sache ganz für die gute gehalten wird. Der Friede mag dann sehr 
wohl gewünscht werden, aber es soll ihn nur geben unter den eigenen 
Bedingungen. Nur wenn auch die anderen bereit seien, unseren Gott 
anzuerkennen, unsere Werte zu teilen, dann werde Friede möglich.“

Wir erschrecken darüber, wie dies aktuell durch den russischen
Patriarchen Kyrill geschieht: Er spannt Gott vor Putins Krieg und gibt 
diesen als guten Kampf gegen die sündige Verirrung der westlichen Werte 
aus.

Liebe Gemeinde, bitte lasst es uns ihm nicht gleichtun! Die Versuchung ist 
vielleicht größer als wir ahnen. Wir sollten uns hüten, Gott allzu schnell als 
„unseren“ zu bezeichnen und ihn allzu sicher auf unserer Seite zu 
verorten. Weder der Patriarch von Moskau noch der Patriarch von Kiew 
noch irgendeine Kirche hat das Recht, das eigene Volk oder Bündnis an 
die Stelle des Gottesvolks zu setzen.

„Gott anzuerkennen als den einen universalen Gott“, sagt Hans Joas, „das 
muss aber heißen, nicht die eigene Sache ungebrochen zur universalen zu 
erklären. Es gibt zwar die universale Forderung Gottes. Aber sie ist auch 
und an erster Stelle eine Forderung an uns selbst.“

Martin Luther – ein Mensch, der unsere menschlichen Schwächen teilt –
konnte das leider nicht so verstehen. Unmittelbar bedroht von Gegnern, in 
Angst vor den anrückenden Türken, gefährdet durch die Pest in 
Wittenberg, erschüttert vom Beinahe-Tod nach eigener jäher Krankheit, 
fühlte er sich bruchlos aufgehoben im „Wir“ des Psalms und wähnte Gott 
klar auf seiner Seite. Gegen die Papisten. Gegen die Muslime. Gegen die 
Juden. 

V.
Kommt her, ruft die Stimme in Psalm 46, schaut die Werke des HERRN, 
der auf Erden solch ein Zerstören anrichtet, der den Kriegen ein Ende 
macht in aller Welt, der Bogen zerbricht, Spieße zerschlägt und Wagen mit 
Feuer verbrennt. 

Die Überlebenden, die hier sprechen, sehen die Verwüstung, die 
verlassene Stadt, die Skelette der zurückgelassenen feindlichen Waffen –
und sind froh, dass der Feind weg ist. Der Krieg ist zu Ende. Eine große 
Stille kehrt ein. Kein Siegestaumel, weil die eigenen Krieger so tapfer 
waren. Kein Triumphgeheul, weil die eigene Verteidigung den Feind in die 
Flucht geschlagen hat. Sie danken Gott. Sie glauben: Gott selbst hat der 
Gewalt Einhalt geboten und den Krieg beendet. 
Seid stille, und erkennt, dass ich Gott bin!
Die Waffen schweigen. Endlich.

Das ist die Perspektive des 46. Psalms.
Darauf zielt das Lied Israels, das durch Martin Luther zu unserer 
Reformations-Hymne geworden ist.
Die Waffen schweigen. Und das ist Gottes Werk.
Gott macht den ewigen Kreisläufen militärischer Aktionen ein Ende und 
schafft Ruhe. Ein für alle Mal. Das ist die Hoffnung.
Bisher ist diese Hoffnung unerfüllt. Gottes Eingreifen lässt schmerzlich auf sich warten.

Viele sagen: Frieden in der Ukraine kann erst werden, wenn Russland 
geschlagen, seine Moral und Rüstung erschöpft und seine Regierung 
abgelöst ist. Und solange helfen nur Waffen. Wo bliebe schließlich die 
Gerechtigkeit, wenn einer, der den Nachbarn überfällt, am Ende Gewinn 
davon hat? 

Ich weiß nicht, ob ich anders denken könnte, wenn ich Ukrainerin wäre. 
Und doch hänge ich an der Perspektive des Psalms.
Ich klammere mich an seine hoffnungsvolle Zielrichtung. 
Ich rechne mit Gottes unverfügbarem Wort, das die Kraft hat, Frieden zu 
stiften. Ich rechne mit Gottes Gerechtigkeit.
Gottes Gerechtigkeit – auch das hat Martin Luther uns neu 
aufgeschlossen! – ist ja mehr und anders als jene Gerechtigkeit, die die Bösen bestraft und die Guten belohnt.

Gottes Gerechtigkeit macht Leben und Zukunft möglich für alle. Und darauf kommt es doch an.
Menschen können frei und ohne Furcht leben: Das ist Gottes Wille, darauf zielt 
Gottes Wirken, und wo das Wirklichkeit wird, ist es Gottes Geschenk. 
An Gottes Gerechtigkeit richten wir uns aus, wenn wir als Christen reden 
und handeln. Ja, wir erkennen das Recht an, sich gegen Angriffe zu 
verteidigen. Und zugleich erinnern wir uns selbst und andere unermüdlich
an die friedensstiftende Kraft des Wortes. Wir können Gottes Wirken nicht 
ersetzen, aber wir können und sollen ihm vorlaufend die Bahn ebnen.
Durch kleine, vermeintlich unscheinbare Gesten, die manchmal 
Unvermutetes bewirken und eine Kultur der Entfeindung schaffen. 
Ich ahne: Viele, die heute in dieser Kirche sitzen, könnten dazu eigene, 
sehr persönliche Geschichten erzählen. 

Friede wird am Ende nicht durch Waffen. Echter und womöglich auch ein 
annähernd gerechter Friede kann nur werden, wo Menschen miteinander 
reden und verhandeln. Und das geht nur, wenn der „böse Feind“ nicht 
zum Teufel ernannt wird. 

Solche Friedensverhandlungen scheinen im Moment leider in weiter Ferne.
Umso nötiger ist jedes Gespräch, das darauf zielt: Die Waffen schweigen.
Die Alternative zum gerechten Frieden darf doch nicht endloser Krieg sein!
Niemals darf Krieg die Politik ersetzen. Darum: Verachtet Verhandlungen 
nicht. Glaubt an die Kraft des geistesgegenwärtigen Wortes. Traut den 
kleinsten Schritten etwas zu.

Und betet unablässig um Frieden.
Um Frieden, der durch menschliche Vernunft werden kann.
Und um den Frieden Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft. 
Er bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. 

Amen.