Kontaktreise zu indonesischen Partnerkirchen
Von den besonderen Profilen lernen
Der Ökumenedezernent der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) Dr. Albrecht Philipps und die Referentin des oikos-Institutes Claudia Latzel-Binder besuchten zwei indonesische Partnerkirchen der EKvW. Die außergewöhnliche Gastfreundschaft ermöglichte einen intensiven Austausch, der weit über konventionelle Begegnungen hinausreichte. Dadurch eröffneten sich Einblicke in kirchliche Wirklichkeiten, die sich unter grundlegend anderen Bedingungen vollziehen als die eigene kirchliche Praxis und gerade dadurch gute Impulse für diese mitgibt. Die Begegnungen zeigten exemplarisch, wie Kirchen kontextbezogene Antworten auf existenzielle Herausforderungen entwickeln können.
Menschenrechtsarbeit unter politischem Druck in Westpapua
Die politischen Umstände in Westpapua stellen die Evangelische Kirche im Land Papua (GKI-TP) vor enorme Herausforderungen. Die Neuaufteilung in sechs Provinzen hat die angespannte Situation verschärft und die militärische Präsenz erhöht. Kurz vor dem Delegationsbesuch wurde selbst die als sicher geltende Hochlandregion Anggeruk Schauplatz eines Angriffs auf Bildungs- und Gesundheitspersonal mit Verletzten und einem Todesopfer.
In dieser bedrängten Lage nimmt die Kirche eine zentrale gesellschaftliche Rolle ein. Die Zusammenlegung der Abteilungen für JPIC (Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung) und Diakonie bündelt Kräfte – dennoch bleibt es für die neun Mitarbeitenden angesichts der Gebietsgröße eine kaum zu bewältigende Aufgabe. Die GKI-TP ist vielerorts die letzte Institution, die für Menschenrechte eintreten kann, und kooperiert eng mit NGOs. Besonders Pfarrerinnen engagieren sich mit bemerkenswertem Mut.
Vor Ort erlebte die Delegation einen Fall, bei dem die Kirche erfolgreich eine Gemeinde gegen die Enteignung ihres Landes durch eine Palmölplantage schützte. Hier zeigt sich ein grundliegender Konflikt: Die Natur bildet einerseits die Lebensgrundlage der indigenen Bevölkerung, weckt andererseits Begehrlichkeiten für wirtschaftliche Ausbeutung, was zu Landrechtskonflikten führt.
Die Kirchenleitung berichtete von alarmierenden Entwicklungen nach den jüngsten Regionalwahlen: 300 Tote und 700 Verletzte innerhalb einer Woche. Der berechtigte Anspruch der Papuas auf ihre natürlichen Ressourcen wird systematisch als Regierungswiderstand delegitimiert. In dieser Situation ist internationale Aufmerksamkeit und partnerschaftliche Solidarität für die Kirche von großer Bedeutung – was die außergewöhnliche Gastfreundschaft und das durchdachte Programm für die Delegation verständlich macht.
Interreligiöser Dialog als Lebensform in Ostjava
Ein anderes Profil zeigt die Christliche Kirche von Ostjava (GKJW). Mit nur 181 Gemeinden auf weitläufigem Gebiet hat sie eindrucksvolle Stärken in der Ökotheologie und im interreligiösen Dialog entwickelt. Ihr Engagement im Dialog zwischen den Religionen erwuchs aus Erfahrungen der 1990er Jahre: Nach Konflikten und der Zerstörung von Kirchengebäuden im mehrheitlich islamischen Umfeld wurde der Dialog zum Schwerpunkt. Heute ist die GKJW Vorreiterin auf diesem Gebiet, deren Konzepte von anderen indonesischen Kirchen adaptiert werden.
Eindrücklich war ein Projekt, in dem christliche, muslimische und hinduistische Gemeinden unter dem Leitwort „Harmonie" zusammenarbeiten. Die gegenseitige Unterstützung bei religiösen Festen und gemeinsame Projekte wie eine Wasserversorgung verbinden sich mit bemerkenswerten theologischen Einsichten: „Wir können in Harmonie der Religionen leben, weil wir jeweils einen Glauben haben" oder „Eine Religion, die sich für die einzig wahre hält, kann es nicht sein, weil sie andere verurteilt."
Prägend für die GKJW ist ihre Gründung durch Laienmissionare, die bewusst marginalisierte Menschen aufsuchten. Dieses Selbstverständnis als Bewegung von und zu den Menschen und als Kirche, die das Ehrenamt betont, bestimmt ihr Handeln. Bemerkenswert ist die Abkehr vom quantitativen Wachstumsdenken, verdichtet in einem Leitsatz ihres ökotheologischen Konzeptes „Ngrembaka": „Wachse glücklich, wo Gott dich gepflanzt hat." Wachstum zielt nicht auf Größe, sondern darauf, gesund und fruchtbringend zu sein.
Der intensive Austausch mit den Partnerkirchen und das Erleben spezifischer kirchlicher Profile ist Inspiration und Lernfeld für die eigene kirchliche Perspektive. Die Reise ermutigt zu fragen, wie kontextbezogene Kirchenarbeit unter verschiedenen Bedingungen gelingen kann und welche Ansätze für die eigene Praxis fruchtbar sein könnten.