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»Nun müssen Taten folgen!« - Klaus Breyer über die Ergebnisse der 21. Weltklimakonferenz

Eine entscheidende Weichenstellung

PARIS/WESTFALEN - Am vergangenen Samstag (12. Dezember) ist die UN-Klimakonferenz in Paris zu Ende gegangen. Sie hat ein Klimaabkommen beschlossen, das die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius vorsieht. Wie dieses Ergebnis zu bewerten ist, erläutert Klaus Breyer, Leiter des Instituts für Kirche und Gesellschaft:

Wer die perfekte Roadmap für den Klimaschutz im  21 Jahrhundert erwartet hatte, muss enttäuscht sein. Zu unterschiedlich sind nach wie vor die nationalen Interessen, als dass man sich auf ausreichend ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen festlegen mochte, zu groß immer noch das Misstrauen, durch ein“Zuviel“ an Klimaschutz im internationalen Wettbewerb abgehängt zu werden.

Dennoch gelang in Paris etwas, was keiner Konferenz zuvor gelang und was später vielleicht einmal  „historisch“ zu nennen ist. Die 21. Weltklimakonferenz stellte (endlich!) völkerrechtlich verbindliche Weichen für die weltweite „Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz und Klimaanpassung“. Alle Länder - ob Industrie-, Schwellen oder  Entwicklungsländer - werden durch das Paris-Abkommen in die Verantwortung genommen.

Ein großer Erfolg ist die Festlegung des 2°C. Ziels. Die Staatengemeinschaft will zudem besondere Anstrengungen unternehmen,  auch das  1, 5°C Ziel noch zu erreichen. Damit setzt Paris ein Zeichen der Entschlossenheit, besonders verletzliche, vom Klimawandel existenziell bedrohte Staaten – wie z.B. die kleinen Inselstaaten - vor dem Untergang zu schützen.

Von großer Bedeutung ist auch, dass sich die Staaten auf ein verbindliches Verfahren geeinigt haben, mit dem die nationalen Beiträge zum Klimaschutz im Fünfjahres-Rhythmus überprüft und verbessert werden. So kann, beginnend 2018, mehr Dynamik entstehen beim Ausbau der Erneuerbaren, bei der Verbesserung der Ressourceneffizienz, beim Aufbau klimafreundlicher Infrastrukturen und dem Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung etc. Dies ist auch bitter nötig, da die in Paris vorgelegten Klimaprogramme unzureichend sind und zu einer unverantwortlichen Temperaturerhöhung von 2,7 ° bis 3° C führen, wenn sie nicht nachgebessert werden.

Schließlich etabliert das Pariser Abkommen wichtige Finanzierungsinstrumente für Klimaschutz und Klimaanpassung. Dies gibt den besonders verletzlichen, armen Ländern, die bereits heute extrem unter dem Klimawandel leiden, menschenwürdige Entwicklungsmöglichkeiten.

Die Staatengemeinschaft hat in Paris entscheidende Weichen für mehr Klimaschutz und Klimaanpassung gestellt. Nun aber muss auch der Zug in eine klimaverträgliche Zukunft fahren. Paris müssen nun  schnell entsprechende Taten folgen. Der zügige Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung ist ein wichtiger nächster Schritt. Deutschland steht dabei in einer besonderen Verantwortung, nicht nur als Land, dessen industrielle Vergangenheit viel zum bisherigen Klimawandel beigetragen hat.

Deutschland wird als Land der Energiewende weltweit als Vorbild wahrgenommen und hat die Chance zu zeigen, dass konsequenter Klimaschutz und die Dekarbonisierung eines komplexen Wirtschaftssystems, machbar sind. Dazu gehört ein Fahrplan zum sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens 2040. Auch die klimaverträgliche Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur darf nicht länger vernachlässigt werden.

Konsequenter Klimaschutz ist das Gebot der Stunde! Er verschafft unserer Welt mehr Gerechtigkeit, und Entwicklungsperspektiven und sichert die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen. Paris kann zu einem historischen Wendepunkt werden, wenn den Verabredungen nun auch eine ambitionierte  Praxis folgt. Daran muss jetzt hart gearbeitet werden. Als Kirchen werden wir uns weiter einmischen: politisch/gesellschaftlich wie auch durch glaubwürdiges Handeln vor der eigenen Tür. In beidem will der Klimaschutz vorangebracht werden. „Geht doch!“ das Motto des ökumenischen Pilgerwegs für Klimagerechtigkeit beflügeln uns .

Präses Annette Kurschuss hat es bei der Landessynode 2015 auf den Punkt gebracht. „Man kann sich für eine gerechte Klimapolitik einsetzen, ohne Christ zu sein. Aber man kann nicht Christ sein, ohne sich dafür einzusetzen, dass auch die ärmsten und verletzlichsten Menschen auf der Erde sowie die Generationen unserer Kinder und Enkelkinder gute Bedingungen zum Leben vorfinden.“

Und machen wir uns nichts vor: Klimaschutz, das ist nicht allein eine politische und technische Herausforderung!  Der Klimawandel stellt radikal auch unser an Wachstum und Ressourcenverzehr ausgerichtetes Wohlstandsmodell in Frage. Unsere Konsum- und Produktionsmuster übersteigen längst die ökologischen Belastungsgrenzen. Weichenstellungen wie die in Paris, werden wirkungslos bleiben, wenn nicht auch andere Lebensstile in den Wohlstandsgesellschaften Raum greifen. Ich glaube, gerade hier können die Kirchen wichtige Impulse für eine Ethik des Genug und für zukunftsfähige Lebensstile setzen.

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Datum: 14.12.2015