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Präses Dr. h. c. Kurschus im Gespräch mit Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen

„Wir brauchen Sie in unserer Kirche!“

„Wir brauchen Sie in unserer Kirche!“ Daran lässt Präses Dr. h. c. Annette Kurschus beim Treffen mit rund 100 Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen am Donnerstag (21.2.) im Dortmunder Reinoldinum keinen Zweifel.

Nach intensiven Gesprächsrunden mit Pfarrerinnen und Pfarrern sucht die leitende Theologin der westfälischen Landeskirche jetzt den Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern der anderen kirchlichen Berufsgruppen. Sie will aufmerksam zuhören, Hoffnungen und Erwartungen wahrnehmen, offen über Probleme diskutieren, gemeinsam Zukunftsperspektiven entwickeln.

Das Motto des Tages – „Eine Kirche für viele“ – griff Kurschus auch in ihrem geistlichen Impuls zu Psalm 23 („Der Herr ist mein Hirte“) auf: „Mit den Vielen kommen Sie als Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen unmittelbarer in Kontakt als ich. In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, in der Erwachsenenbildung, in der Qualifikation Ehrenamtlicher – um nur einige Ihrer Berufsfelder zu nennen – sind Sie ganz nah dran an den unterschiedlichsten Menschen, an deren Lebensgeschichten und Lebensthemen, an deren Freuden und Ängsten.“ Und wie oft seien sie dabei nicht selbst schon zu so einer Art gutem Hirten oder guter Hirtin geworden: „Wenn Sie andere Menschen auf ihren Alltagswegen begleiten – auf grünen Auen und durch finstere Täler hindurch. Wenn Sie anderen den Tisch decken, weil der Kühlschrank daheim schon wieder nichts zu bieten hat. Wenn Sie zuhören, weil das sonst niemand macht.“ Durch sie hätten unzählige Jugendliche gespürt, was es heißen könne: Du bist bei mir! Du streichst mein Haupt mit Öl“. Etwa, wenn man vor Liebeskummer vergehe, wenn zu Hause der Haussegen schief hänge, wenn man ausgerechnet mit der besten Freundin verkracht sei oder sich mit dem Zeugnis nicht nach Hause traue. Präses Annette Kurschus schätzt die Arbeit der Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen mit „der Breite Ihres Berufsbildes, mit Ihren unterschiedlichen Spezialausbildungen und Kompetenzen. Sie haben eigene Möglichkeiten, überraschende und erstaunliche Zugänge zu öffnen. Mit Ihrer Kreativität, die auf unterschiedlichste Weise das scheinbar Fremde und Abständige nah bringt und vertraut macht. Mit Formen und Methoden, die zu neuen Erfahrungen einladen.“

Erik Flügge: Eine Kirche für viele

Für neue Formen und Methoden in der Kirche plädiert auch Erik Flügge. Allerdings viel radikaler. Der 32-jährige Politikberater und Autor, der als Impulsgeber eingeladen war, bezeichnet sich selbst als „Enfant terrible“ der katholischen Kirche und „Deutschlands bekanntesten Pöbler, was Kirchensprache angeht“. Die Bücher „Der Jargon der Betroffenheit: Wie die Kirche an ihrer Sprache verreckt“ (2016) und „Eine Kirche für viele statt heiligem Rest“ (2018) stammen aus seiner Feder. Für ihn tut sich die evangelische Kirche unter allen Großinstitutionen am schwersten mit der Mitgliederbindung. Nur drei Prozent der Protestanten, so Flügge, seien regelmäßige Gottesdienstbesucher. Sein Rat: Professionalisierung der Beziehungsarbeit. Zum Beispiel durch direkte Kontaktaufnahme und Hausbesuche. Oder „mobile Seelsorgebeziehungen“, wie Flügge sie nennt. Darunter versteht er die „Bildung von Weggemeinschaften und ortsunabhängigen Kirchengemeinden“, die mit ihren Mitgliedern digital vernetzt sind und sie langfristig seelsorglich begleiten. Dazu müssten vorhandene Ressourcen – Menschen und Finanzen – allerdings effektiver genutzt werden.

Gewünscht: Klares Bekenntnis zur Dienstgemeinschaft

Bei diversen „Table-Talks“ in Kleingruppen, an denen sich auch die Kirchenleitungsmitglieder Ute Kerlen, Christa Kronshage und Dr. Manfred Scholle beteiligten, in den Pausen, auf Stellwänden und beim großen Abschluss-Plenum gab es Zeit und Gelegenheit zum direkten Austausch. Ein Thema, das viele Hauptamtliche bewegt, sind berufliche Entwicklungsmöglichkeiten und Einsatzfelder außerhalb der Kinder- und Jugendarbeit – vor allem für älter werdende Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen. Eine große Rolle spielten die Frage nach einem gleichberechtigten „kollegialen Miteinander auf Augenhöhe“ in multiprofessionellen Teams und der Wunsch nach einem „klaren Bekenntnis der Kirchenleitung zur Dienstgemeinschaft“, das heißt einem ausgewogeneren Verhältnis von Pfarramt und anderen Berufsgruppen, von Beamten und Angestellten.

Das nächste Treffen dieser Art findet am kommenden Donnerstag (28.2.) in Bielefeld statt. Dann kommen Präses und Kirchenleitungsmitglieder mit Verwaltungsmitarbeitenden aus ganz Westfalen ins Gespräch.

Hintergrund

In der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) arbeiten derzeit insgesamt rund 600 Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen – etwa 85 Prozent von ihnen in der Kinder- und Jugendarbeit: für Kirchengemeinden (45 Prozent), in Kirchenkreisen (39 Prozent) und auf landeskirchlicher Ebene bei Ämtern, Werken und Verbänden (16 Prozent). Die anderen 15 Prozent sind in der Leitung und Geschäftsführung von Arbeitsbereichen, Erwachsenenbildungsarbeit, Gemeinde- und Organisationsentwicklung, Gemeindemanagement, Familienarbeit, Seniorenarbeit, Frauen- und Männerarbeit, Öffentlichkeitsarbeit oder interprofessionellen Teams im Einsatz. Landeskirchlicher VSBMO-Beauftragter und damit Ansprechpartner im Landeskirchenamt für Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen ist Frank Fischer. Er hatte den Tag auch federführend vorbereitet – gemeinsam mit Knut Grünheit, Geschäftsführer im Amt für Jugendarbeit, Sebastian Richter, Vorsitzender der Ev. Landesarbeitsgemeinschaft der offenen Türen (ELAGOT), und Dietrich Schneider, Vorsitzender des Berufsverbandes Gemeindepädagogik Westfalen-Lippe e.V. (BVG).

 

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