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Präses Annette Kurschus: Grundgesetz gehört zu unserer Identität

»Jede staatlich verordnete Definition von Heimat wird scheitern«

Präses Annette Kurschus hat vor einer Politik gewarnt, die nur noch auf Stimmungen setzt.

Zwar lasse sich ohne Emotionen keine Politik machen, sagte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen am Donnerstag (7.6.) in Bielefeld vor Journalisten. »Aber wenn Politik nur noch aus Stimmungen besteht, wenn Vernunft und Fakten auf der Strecke bleiben, verliert die demokratische Kultur ihr Koordinatensystem.«

Zur Vernunft gehörten Ehrlichkeit und Redlichkeit. Kurschus: »Die Redlichkeit gebietet, auch unbequeme Fakten klar zu benennen – aber ohne sie für billige Polemik zu benutzen.« Nicht jeder, der auf objektive Schwierigkeiten hinweist, dürfe in eine bestimmte Ecke gestellt werden.

Zivile Umgangsformen und gegenseitiger Respekt, auch bei abweichenden Meinungen, seien offenbar nicht mehr selbstverständlich. Im Privaten wie im Politischen sei die Hemmschwelle für Beleidigungen und Verleumdungen niedriger geworden. »Lautstark artikulierte Einzelinteressen übertönen das Verbindende und erheben zugleich den Anspruch, für die Allgemeinheit zu sprechen«, sagte Kurschus.

Dennoch gebe es viel Hoffnungsvolles. Die Präses nannte hier Politiker, »die ehrlich etwas bewegen wollen« und allen Anfeindungen zum Trotz eine menschenfreundliche Politik betreiben. Ebenso junge Menschen, die sich in kirchlichen und anderen Jugendgruppen und –verbänden engagieren. Auch Ehrenamtliche, die sich nicht entmutigen lassen: »Sie wenden ihre Zeit und Energie auf, bringen Sachverstand und Fantasie ein – in Kirche, Vereinen, Initiativen, in der Nachbarschaft, in der Politik«.

Außerdem Menschen mit ausländischen Wurzeln, die in Deutschland heimisch geworden sind. Dazu gehörten auch diejenigen in christlichen Gemeinden fremder Herkunft und Sprache. Viele der rund 700 solcher Gemeinden in NRW pflegten gute Kontakte zu den örtlichen Kirchengemeinden.

»Nur wer sich mit etwas identifizieren kann, wird sich heimisch fühlen und seinen Lebensraum mitgestalten wollen«, sagte Präses Kurschus. »Heimat« sei nur offen, individuell und im Respekt gegenüber anderen denkbar. »Jede staatlich verordnete Definition von Heimat wird scheitern.«
Staatliche Basis des Zusammenlebens sei das Grundgesetz. »Es stellt die unantastbare Würde des Menschen an den Anfang. Grundlage dafür ist die jüdisch-christliche Überzeugung, dass Gott jeden Menschen nach seinem Bild geschaffen hat.«

Die Grundrechte wie Meinungs- und Religionsfreiheit, die darauf aufbauen, »sind unteilbar und gehören zu unserer Identität. Wenn das Wort Patriotismus in Deutschland heute einen Sinn und eine Berechtigung hat, dann als Verfassungspatriotismus.« (MedienInfo 38/2018)

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