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Ulrich Hirtzbruch: Prorektor der Hochschule für Kirchenmusik geht in den Ruhestand

„Kirchenmusik ist die Sprache des Glaubens“

Wenige Menschen haben die Zukunft der Kirchenmusik in der EKvW an so vielen prägenden Kreuzwegen mitgestaltet wie Ulrich Hirtzbruch. Am 1. April 2024 beendet der Prorektor der Hochschule für Kirchenmusik am Standort Herford seinen Dienst und schlägt mit dem Ruhestand ein neues Kapitel auf. Wir haben mit ihm gesprochen.

Mit ihm verlässt ein Mensch den Dienst in der Evangelischen Kirche von Westfalen, der sich in Strukturen gleichermaßen wohlfühlte, wie er in der Lage war, sie zu gestalten. „Ich empfinde Strukturen als etwas, das hilft, sich inhaltlich frei bewegen zu können“, sagt er im Gespräch kurz vor dem Ruhestand. Und so gestaltete er seine beruflichen Aufgabenfelder, die sich immer wieder an Scharnieren der organisatorischen zur praktischen Gestaltung der Kirchenmusik befanden.

So war der gebürtige Plettenberger von 1987 bis 2005 Kantor der Kirchengemeinde Gronau und gleichzeitig Kreiskantor des Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken. „Mir war klar, das geht nicht alleine, das geht nur im Netzwerk - auch über die kreiskirchlichen Grenzen hinaus“, sagt Hirtzbruch im Rückblick. Dieses Modell eines professionellen Stellenanteils für die übergemeindliche Kirchenmusikarbeit habe später Pate gestanden für viele andere Kirchenkreise.

Auch seine nächste berufliche Station teilte sich mit der Zeit in zwei Aufgabenbereiche. 2005 wurde er zum Landeskirchenmusikdirektor der EKvW berufen. Nach der schrittweisen Übergabe von Kantorat und Kreiskantorat folgte 2008 die Berufung an die Hochschule für Kirchenmusik Herford – bei 50-prozentiger Freistellung für die Tätigkeit als Landeskirchenmusikdirektor.

In dieser Funktion beriet er die Kirchenleitung in Fragen der Musik: In seine Dienstzeit fiel die Überarbeitung sämtlicher kirchenmusikalischer Ordnungen der EKvW. Die Fachberatung bei rund sechzig Stellenbesetzungen prägt die kirchenmusikalische Landschaft weit über die eigene Dienstzeit hinaus. Er und arbeitete mit kirchenmusikalischen Fachverbänden und Ausbildungsstätten zusammen. Er begleitete die Arbeit der Kreiskantor*innen, wirkte an Kirchenmusik-Prüfungen, sowie in Ausschüssen und Fachgremien und an der Ausbildung der nebenberuflichen Kirchenmusiker mit.

Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Mitwirkung an den westfälischen Landeskirchenmusiktagen und der Kontakt zur Kulturpolitik. Die Kirchenmusik begriff er dabei immer als „Sprache des Glaubens“. Nach einer intensiven Begegnung mit Gospel und Spiritual war es eines seiner Herzensanliegen, durch die Förderung der kirchlichen Popularmusik Rahmenbedingungen für eine größere stilistische Vielfalt zu schaffen. „Begleitung von Strukturen“ - da sind sie wieder - nennt Hirtzbruch das im Rückblick.

Ab 2018 fokussierte er sich dann auf die Lehrtätigkeit und das Prorektorat an der Hochschule für Kirchenmusik. Das wohl größte Projekt blieb bis zuletzt die Vereinigung der beiden Standorte der Hochschule für Kirchenmusik in Herford und Witten, die künftig in einem Neubau auf dem Campus der Evangelischen Hochschule in Bochum ihr gemeinsames Zuhause haben sollen.

Kommt Hirtzbruch darüber ins Reden, spricht aus ihm der sachlich-analytische Blick gleichermaßen wie der zuversichtliche. Er erinnert sich an alle Daten, Entscheidungsprozesse und Prüfverfahren, sprich, den langen, manchmal anstrengenden aber letztlich gründlich bedachten Weg, der hinter dem Projekt liegt. Dass die Vereinigung grundsätzlich beschlossen und die Kosten des Neubaus gründlichst ermittelt seien , findet er „wirklich großartig“. Das Rektorat weiß er - nach dreißig Monaten der kommissarischen Leitung der Klassik-Abteilung - bei Rektor Prof. Dr. Jochen Kaiser „in guten Händen“.

Und so klingt eine große Dankbarkeit aus Hirtzbruchs Erinnerungen an seine Laufbahn - und trotz mancher Herausforderung keinerlei Bitterkeit. „Ich empfinde das als Geschenk“, sagt der bald 66-Jährige mit Blick auf die vielen beruflichen Chancen und engagierten Kollegen, denen er vor allem anderen immer mit Empathie begegnen wollte.

Das blieb nicht unbemerkt: Hirtzbruch sei auf allen Ebenen der Landeskirche geschätzt worden, habe das Amt des Landeskirchenmusikdirektors „auf eine neue Stufe gehoben“, sagte der frühere Dezernent für Kirchenmusik, Vicco von Bülow, zur Verabschiedung Hirtzbruchs als Landeskirchenmusikdirektor 2018. Verlässlich, sorgfältig, vorausschauend, so habe Hirtzbruch gearbeitet. Er fand eine Sprache, die beide verstanden: die Kirchenmusik und die Kirchenverwaltung.

Und nun? Fürs Erste steht das eigene Musikmachen - eine Leidenschaft, die er mit seiner Frau teilt - wieder ganz oben auf Ulrich Hirtzbruchs Prioritätenliste. Dafür war neben Fachberatung und Lehrtätigkeit zuletzt zu wenig Zeit. Ebenfalls bisher aufgeschoben: der Schritt vom Binnengewässer in Richtung Ostsee, den er sich schon länger von seinem nächsten Segelschein verspricht. „Vielleicht kann ich dann bei einem Urlaubskantorat das Musizieren mit dem Segeln verbinden.“

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