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Präses Annette Kurschus, Evangelische Kirche von Westfalen, zur heutigen Entscheidung des Bundestages

Thema Sterbehilfe

Das Leben ist eine kostbare und einmalige Gabe Gottes, und mit dieser Gabe ist uns das Leben auch als Aufgabe gegeben. Damit kommt Verantwortung ins Spiel: Verantwortung gegenüber Gott und gegenüber unseren Mitmenschen. Sich Gott gegenüber verantwortlich zu wissen bedeutet auch, sich Gott zu überantworten, sich ihm anzuvertrauen, hinzugeben und auszuliefern.

Jede Form organisierter oder gar geschäftsmäßiger Beihilfe zur Selbsttötung ist strikt abzulehnen und zu unterbinden.  Diese Position, die der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bereits 2008 vertreten hat, gilt unverändert. Beihilfe zum Suizid darf also keine Dienstleistung werden – auch dann nicht, wenn damit kein Gewinn erzielt wird. Suizid darf zwar nicht geächtet werden, aber »gesellschaftsfähig« darf er ebenso wenig sein.

Deshalb begrüße ich das neue Gesetz, das solche Aktivitäten unter Strafe stellt. Wenn dieses Verbot mit einem Ausbau der Palliativ- und Hospizversorgung einhergeht, kann die Würde des Einzelnen am Ende des Lebens gestärkt werden. Allerdings gibt es körperliche und seelische Qualen, vor denen auch jede noch so gute Palliativmedizin ratlos kapituliert. Es wäre unredlich, das zu leugnen. Es kann Situationen geben, in denen ein Mensch für sich selbst keinen anderen Weg sieht, als einem anderen Menschen bei der Selbsttötung zur Seite zu stehen oder ihm gar dabei zu helfen. Es mögen Grenzfälle eintreten, in denen Menschen mit ihrem Respekt vor der unverfügbaren Gabe des Lebens und ihrer Verantwortung für einen leidenden Menschen allein dastehen; allein vor Gott und vor ihrem Gewissen. Es ist gut, dass dann weiterhin keine Strafe droht.

Denn entscheidend ist: Solche Grenzfälle können nicht vorweggenommen werden. Ich kann nicht im Voraus festlegen, wie ich mich in einem eventuell eintretenden Grenzfall zu verhalten gedenke. Grenzfälle bleiben auch darin Grenzfälle, dass sich aus ihnen keine verallgemeinerbaren Regeln ableiten lassen. Eine Entscheidung im Grenzfall kann niemals zu einer ethischen oder rechtlichen Norm oder zu einem Muster erhoben werden. Sie muss eine undefinierte Ausnahme bleiben. Ausnahmen sind nicht vorbeugend zu regulieren, weil Regularien sie zum Normalfall erklären. Dies darf im Falle der Selbsttötung und der Hilfe zur Selbsttötung nicht geschehen.

Hintergrund:

Nach dem jetzt mit großer Mehrheit beschlossenen Gesetz ist geschäftsmäßige Suzidbeihilfe, wie sie etwa einige Vereine anbieten, künftig verboten. Dazu soll die »geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung« als neuer Straftatbestand im Strafgesetzbuch verankert werden. Angehörige oder andere dem Suizidwilligen nahestehende Personen, die sich lediglich als nicht geschäftsmäßig handelnde Teilnehmer an der Tat beteiligen, sind von der Strafandrohung ausgenommen.

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