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Vizepräsident Ulf Schlüter übt deutliche Kritik am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

„Nichts ist notwendiger als das Kirchenasyl“

Ulf Schlüter, Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, hat die Notwendigkeit des Kirchenasyls unterstrichen und es gegen Kritik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) verteidigt.

Er widersprach am Montag (8.7.) vor Journalisten in Hamm der Aussage von Bamf-Präsident Hans-Eckhard Sommer, seine Behörde könne mittlerweile Härtefälle selbst verlässlich erkennen und berücksichtigen. Schlüter verwies dagegen auf die Tatsache, dass sich ein Drittel aller 2018 gerichtlich überprüften Bamf-Bescheide als fehlerhaft erwies und durch die Gerichte aufgehoben werden musste. „Damit ist deutlich: Nichts ist notwendiger und sinnvoller als das Instrument des Kirchenasyls! Denn genau darin liegt sein Ziel und Zweck: in besonderen Härtefällen und angesichts größter menschlicher Not zwischen die staatlichen Behörden und die betroffenen Flüchtlinge zu treten, um eine erneute, gründliche und faire Überprüfung der Verfahren zu erreichen. Kirchenasyl schafft keinen rechtsfreien Raum, es verhilft dem Recht zu seiner Geltung.“

Das Bamf lasse jedoch derzeit das Kirchenasyl auf kaltem Wege ins Leere laufen. 2015 war nach wachsender Kritik von politischer Seite eine Vereinbarung ausgehandelt worden: Jede Gemeinde, die Kirchenasyl gewährt, erstellt über den aktuellen Fall ein Dossier für das Bundesamt. Dieses prüft, ob wirklich alle rechtsstaatlichen Mittel ausgeschöpft sind, und trifft dann eine Entscheidung. Die Kirchengemeinden hätten sich an die Spielregeln gehalten, so Schlüter. Er berichtete, dass sie in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres dem Bamf 250 neue Fälle gemeldet haben, 147 Dossiers wurden geprüft. Ganze zwei dieser 147 Fälle hat das Bundesamt in dieser Zeit als besondere Härtefälle anerkannt, also 1,4 Prozent. In der Vergangenheit lag die Anerkennungsquote dagegen phasenweise bei über 80 Prozent, acht von zehn Kirchenasyle endeten mit einem Verbleib in Deutschland. „Es entsteht der klare Eindruck, dass das Individualrecht auf Asyl und Schutz durch ein mechanisches und pauschales Prüfverfahren ersetzt wird, dessen Ergebnis von vornherein festzustehen hat“, sagte der Theologische Vizepräsident. „Mit dieser Aushöhlung eines individuellen Grund- und Menschenrechts werden wir uns nicht abfinden, sondern ihr entschieden entgegentreten.“ Die Landeskirche ermutige ihre Gemeinden auch weiterhin, trotz dieser vorsätzlich erschwerten Bedingungen an der Praxis des Kirchenasyls festzuhalten – immer dort, wo eine gründliche Überprüfung ergibt, dass dies im Interesse des Menschenrechts geboten ist. Schlüter dankte allen Menschen in Gemeinden und Kirchenkreisen, die das Kirchenasyl auch weiterhin durch ihren oft immensen Einsatz als rechtsstaatlich notwendiges und aus christlicher Nächstenliebe gebotenes Verfahren praktizieren.

 

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