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Entwicklung der protestantischen Kirchen in Deutschland, Schweiz und Frankreich

Kirche in Europa

Um Selbstverständnis, Mission und den gemeinsamen Beitrag für ein versöhntes Europa ging es bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe. Eingeladen hatte die Schweizerische Kirche. Vertreten waren die Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche der Schweiz, Rita Famos, die Präsidentin der Vereinigten Protestantischen Kirche Frankreichs, Emmanuelle Seybolt, und die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus.

Im Umgang mit aktuellen Fragen und Problemen wurden zahlreiche Gemeinsamkeiten, aber auch in einigen Punkten ein unterschiedlicher Umgang in den Kirchen der benachbarten Länder deutlich. So reagierte die Französin Emmanuelle Seybolt gelassen auf die Frage nach abnehmenden Mitgliederzahlen. Die Protestantische Kirche Frankreichs, so Seybolt, sei von jeher klein; hier ist eher ein, wenn auch geringer Mitgliederzuwachs zu verzeichnen. Annette Kurschus indes bewertete die Situation ambivalent. Ja, man könne das Kleinerwerden nicht schönreden, so die Präses. Wenn die Botschaft der Kirche nicht mehr bei vielen Menschen ankomme, dann sei das nicht gut. Auch treffe die Kirche und alle ihre Werke der Rückgang der finanziellen Einnahmen. Davon seien nicht zuletzt diakonische Aufgaben, Seelsorge oder kirchliche Bildungseinrichtungen betroffen. Andererseits bleibe der Auftrag der Kirche gleich, „es geht um die Botschaft“, so Kurschus. Da sei die Zahl der Mitglieder zunächst zweitrangig. Dieser inhaltliche Aspekt überwiege.

Für die Schweiz skizzierte deren Kirchenpräsidentin Rita Famos ein ähnliches Bild. Die demografischen Zahlen und die Stellung der protestantischen Kirchen in Deutschland und der Schweiz seien vergleichbar. Famos hob die anstehenden Aufgaben zur Veränderung und Umgestaltung der Kirchen hervor. So müsse man das hergebrachte Parochialsystem überdenken, es gehe um die Erkennbarkeit von Kirche, beispielsweise auch über ein eindeutiges Corporate Design, und man müsse sprachfähiger werden, um die Botschaften in einer diversen Gesellschaft zielgruppengerecht zu vermitteln.

Annette Kurschus beschrieb das Vorhaben des neu zusammengesetzten Rates der EKD, einen erkennbar anderen Ton in die Gesellschaft zu tragen. Er müsse sich von den Stimmen der Politik, der Wirtschaft und auch der Wissenschaft unterscheiden. Die Äußerungen der Kirche dürften nicht von Angst getrieben sein, sagte die Ratsvorsitzende. Es gehe, anders als oft in Politik und Wirtschaft, nicht um ständige Ergebnisorientierung. Nicht das ‚um zu‘ richte die Art der Argumentation aus, vielmehr sei diese gegründet im ‚weil‘ – ausgerichtet an Glauben und Verheißung, auf denen Äußerungen der Kirche gründen.

Während Annette Kurschus ein zunehmendes ‚Kirchen-Bashing‘ beklagte, nannte Rita Famos für ihr Land die wachsende Gleichgültigkeit gegenüber der Kirche als Problem. Darin, so die Präsidentin, liege gleichwohl auch eine Chance. Denn man könne zuweilen Menschen, die keine Idee von kirchlichen Botschaften haben, mit einer gezielten Ansprache neu erreichen.

In Bezug auf das politische Europa beschrieb die deutsche Präses und Ratsvorsitzende einen guten, intensiven Dialog zwischen der EU und den Religionsgemeinschaften. Ein vereintes Europa berge große Chancen und zugleich eine große Verantwortung, sagte Kurschus. Europa sei jedoch, das werde gegenwärtig deutlich, ein fragiles Gebilde. Daher gelte: „Europa muss gepflegt werden“.

Alle drei Kirchenvertreterinnen sahen die Kirche mit ihrer presbyterialen Tradition als Mitentwicklerin und immer wieder auch Impulsgeberin für die Demokratie in Europa.

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