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Polizeiethiker und Seelsorger Werner Schiewek tritt in den Ruhestand

Abschied von einem klugen Kopf

Die Organisation und die Menschen in der Polizei waren Aufgabe und Gegenstand seines Dienstauftrags, aber auch sein ganz eigenes Interesse. Werner Schiewek, über Jahrzehnte der Experte für Seelsorge und Ethikarbeit in der Polizei, wurde am 15. Januar 2024 mit einem Gottesdienst in der Apostelkirche in Münster unter Teilnahme zahlreicher Weggefährt*innen aus Kirche, Politik und Wissenschaft durch Pfarrer Ralf Radix (Referent für Seelsorge in der EKvW) und Oberkirchenrat Andreas Jensen von der EKD entpflichtet und in den Ruhestand verabschiedet.

Schiewek war seit 2001 Lehrbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Ethik im Polizeiberuf an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) und zugleich Landespfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) sowie Geschäftsführer des Kirchlichen Dienstes in der Polizei.

In seiner Predigt thematisierte Werner Schiewek das biblische Bilderverbot, das Teil der Zehn Gebote im zweiten Buch Mose ist. „Du sollst dir kein Bildnis machen …“ Dieser Satz stehe zunächst in Spannung dazu, dass Menschen angewiesen sind auf Bilder für ihr Verstehen von Leben, führte er in seiner Predigt aus. Niemand könne ohne „Bilder“ von Gott, den Menschen und Begriffen sprechen. Aber Bilder bärgen auch die Gefahr in sich, absolut gesetzt zu werden.

Die Widersprüchlichkeit - des Verbots und der Notwendigkeit von Bildern - nicht nur auszuhalten, sondern fruchtbar zu machen, ist Werner Schiewek gelungen. Seiner bemerkenswerten Dialogfähigkeit liegen wohl vor allem zwei aus dieser Spannung resultierende Werte zugrunde, die er in seiner Predigt hervorhob: die Liebe und der Zweifel. Die liebevolle Annahme, aber auch der zweifelnde Blick gelten nicht nur den Anderen – beides muss immer auch an sich selbst adressiert werden. In Zeiten lauter Parolen und Polarisierung ist solch eine kluge Bescheidenheit besonders wertvoll. Dies wurde auch in den Hauptschwerpunkten seines Dienstes deutlich: in der Entwicklung der Polizeiseelsorge und deren Wechselwirkungen zur Polizeiethik in Lehre, Forschung und Beratung, um die er sich bundesweit verdient gemacht.

Würdigung in Buchform

Im Rahmen des anschließenden Festaktes zu seiner Verabschiedung überreichten die Herausgeber Prof. Dr. Tobias Trappe und Prof. Dr. Peter Schröder-Bäck von der Hochschule für Polizei und Öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen (HSPV NRW) eine Dankesschrift mit dem Titel "DenkWege – Ethik und Seelsorge in der Polizei" - für die breite Resonanz, die Schieweks Denken und Wirken ausgelöst haben, sowie als Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistung.

Der Sammelband enthält 16 Beiträge, in denen sich Kolleg*innen und Wegbegleiter*innen von Werner Schiewek mit seinem umfangreichen Werk intensiv auseinandersetzen. Der Band ist im Verlag Springer VS in der Reihe "Geschichte und Ethik der Polizei und öffentlichen Verwaltung" des Instituts für Geschichte und Ethik an der HSPV NRW erschienen. Er leistet einen wichtigen Beitrag zur Reflexion und Weiterentwicklung der Polizeiseelsorge und Polizeiethik. "Den Autorinnen und Autoren war es ein Anliegen, ihre Wertschätzung und Hochachtung für Werner Schiewek und seine Leistung zum Ausdruck zu bringen", so Tobias Trappe zur Entstehung des Sammelbandes.

Die Widersprüchlichkeit der Polizeiarbeit habe Schwiewek immer als Aufgabe betrachtet, der er sich fachlich, aber vor allem persönlich und im Gegenüber mit den Menschen verpflichtet fühlte. „Sie fasziniert und irritiert, sie ist Objekt von Liebe und von Hass, sie wird bewundert und beleidigt, ihr wird vertraut und misstraut, sie gibt Sicherheit, macht gleichzeitig aber auch Angst“, schreiben Trappe und Schröder Bäck in der Einleitung des Sammelbandes über die Polizei.

„Es sind solche Ambivalenzen und Widersprüche, die in besondere Weise beides notwendig machen: Eine ethische Beratung, aber auch eine seelsorgende Begleitung und einen seelsorgenden Beistand der Polizei, ihrer Angehörigen, aber auch ihrer politischen Führung. Beides hat in der Bundesrepublik kein anderer so vorangetrieben, aber auch persönlich verkörpert wie Werner Schiewek. [...] In einer Institution und Organisation, die – wie die Polizei – so oft von einer Kultur der Dominanz, des Rechthabens und Rechtbehaltens geprägt ist, repräsentiert er durch seine Nachdenklichkeit und seine Fähigkeit zum genauen Hinhören eine enorm einladende, gleichzeitig aber eben auch zutiefst bescheidende Weise im Umgang mit einem anderen Menschen. Wir können daher nur hoffen, dass es uns mit dieser Festschrift vielleicht doch gelingt, ihm etwas zurückzugeben von dem, was er uns als Freund, Kollege, als Wissenschaftler, als Lehrer, Begleiter und langjähriger Gesprächspartner geschenkt hat.“

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