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Prozess „Kirche in Vielfalt – Interkulturelle Entwicklung“ in Westfalen gestartet

Kirche ist kein „Club der Gleichen“

MedienInfo 23/2022

Menschen feiern Gottesdienst, suchen Gemeinschaft und Austausch in einer Kirchengemeinde. Sie kommen aus dem Iran, von den Philippinen, aus Ghana, Tansania, Deutschland oder einem anderen Teil der Welt. In westfälischen Gemeinden gibt es eine große Vielfalt kultureller Prägungen und religiöser Erfahrungen. Rund zehn Millionen Menschen mit christlichen Wurzeln sind mittlerweile aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen und bereichern das kirchliche Leben.

Die Evangelische Kirche von Westfalen will diese kulturelle Vielfalt in ihren Gemeinden und Einrichtungen sichtbarer machen und fördern. „Kirche in Vielfalt – Interkulturelle Entwicklung“ ist der Titel des Prozesses, dessen Auftaktveranstaltung am Samstag, 7. Mai, in der Martin-Luther-Kirche in Gütersloh stattfand.

Die westfälische Kirche wolle und werde den eingeschlagenen Weg der interkulturellen Entwicklung und der damit verbundenen Herausforderungen auf allen Ebenen offen gestalten, so Ökumene-Dezernent Albrecht Philipps, der die rund 70 Teilnehmenden in Gütersloh begrüßte. In seinem anschließenden Impulsvortrag beleuchtete der Theologe und Künstler Johannes Weth von der Stiftung Himmelsfels das Bild einer ‚interkulturellen Kirche‘. Die funktioniere nicht als Organisation, „aber sicher als Wunder.“ „Die Kirche macht keinen Sinn, wenn sie ein Club der Gleichen ist und nicht auch die Vielfalt dieser Welt in ihr vor Gott tritt“, so Weth. Es gehe nicht darum, „eins“ zu werden. Die interkulturelle Entwicklung sei vielmehr der große Aufbruch zum anderen Menschen.

Dass ein solcher Prozess auch Enttäuschungen mit sich bringe, daraus machte Johannes Weth keinen Hehl. Die Kirche im Westen habe lange Zeit gedacht, sie zähle zu den „Guten“, die sich für die Opfer der Geschichte einsetzten. „Heute erkennen wir, dass wir selbst vom Gift der Macht, des Rassismus und des Elitarismus befallen sind.“ Weth mahnte einen schonungslosen „Selbstboykott“ der Privilegierten an und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema.

Menschen würden oft nach ihrem Äußeren beurteilt, konstatierte Mehrdad Sepehri Fard, persisch-sprachiger Seelsorger in den Kirchenkreisen Paderborn, Soest-Arnsberg und Tecklenburg. Aber Gott sehe das Herz an. So sollten in christlichen Gemeinden das gemeinsame Fragen nach Gott im Vordergrund stehen und die Gaben und Fähigkeiten der einzelnen – egal, woher sie kommen.

Migrantinnen und Migranten brächten verschiedene Erfahrungen und Kompetenzen mit, „aber sie haben nicht ohne weiteres die Möglichkeit, sich in der Gemeinde oder in der Gesellschaft zu engagieren“, berichtete Elsie Joy de la Cruz, die von den Philippinen stammt und als westfälische Pfarrerin in Bad Oeynhausen arbeitet. Sie wirbt für eine offene Kirche, in der sich Christinnen und Christen aus verschiedenen Kulturen und mit anderen Frömmigkeitstraditionen begegnen.

Für passende Formen und Strukturen, damit christliche Migrantinnen und Migranten hierzulande ihren Glauben praktizieren könnten, sprach sich auch John Uzuh, Pfarrer in einer Migrationskirche in Münster aus. Vieles sei oftmals „schlicht deutschlastig“. Der aus Nigeria stammende Uzuh begrüßte den Prozess der westfälischen Landeskirche und den Willen nach Veränderungen: „Gott liebt Vielfalt. Er hat bereits Vielfalt in die Schöpfung gelegt. Deshalb drücken die Menschen ihren Glauben unterschiedlich aus. Vielfalt ist für Gott keine Bedrohung.“

Im direkten Austausch der Teilnehmenden untereinander wurden Anregungen etwa zu Seelsorge oder Rassismus, aber auch Gedanken für die Weiterarbeit festgehalten. Ein zentrales Anliegen dabei war und ist es, Kirche mit anderen und nicht Kirche für andere zu sein.

Vielfalt könne auch bedeuten, Abschied zu nehmen von Perfektionismus, sagte die Leiterin des Amtes für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung/MÖWe, Annette Muhr-Nelson, in ihrer Predigt im Gottesdienst zum Abschluss der Auftaktveranstaltung. Das Leben sei schillernd, vieldeutig, bisweilen kompliziert, da dürften verschiedene Interpretationen, unterschiedliche Sichtweisen, auch konträre Standpunkte sein. Mit Gewalt könne man Einstimmigkeit erreichen. Doch gerade die Vielfalt sei eine Stärke der Demokratie, der Kirche und der Religionen. Dieses Potenzial gelte es zu entdecken. „Neues entsteht, wo noch nicht alles eindeutig festgelegt ist, wo es summt und brummt.“

 

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