Vertreter*innen jüdischer Gemeinden aus NRW zu Gast in der Kirchenleitung
Zwischen Entsetzen und Zuversicht
MedienInfo 24/2024
Zu einem intensiven Austausch trafen sich Vertreter*innen der Verbände jüdischer Gemeinden in Nordrhein-Westfalen und die Mitglieder der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) in Bielefeld.
Zu Gast im Bielefelder Landeskirchenamt waren Zwi Rappoport, Vorsitzender des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe und zugleich Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Groß-Dortmund, Irith Michelsohn, Vorsitzende der jüdischen Kultus-Gemeinde Ha-Tikwa in Bielefeld und zudem Vorsitzende der Union Progressiver Juden und Geschäftsführerin des Landesverbandes progressiver Jüdischer Gemeinden in NRW, und Alexander Sperling, Geschäftsführer des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden.
In dem gut eineinhalbstündigen Gespräch, zu dem die westfälische Kirchenleitung eingeladen hatte, gaben die Gäste zunächst Einblick in die Struktur der jüdischen Gemeinden, deren Organisation und Mitgliedschaft in NRW. Dabei kamen auch die zahlreichen Aktivitäten junger Leute zur Sprache, die die Gemeinden mit viel Einsatz und Zuversicht förderten. Im Mittelpunkt des intensiven, vertrauensvollen Gesprächs stand jedoch der Austausch über die aktuelle Lage in Israel und Gaza – und damit verbunden auch in den jüdischen Gemeinden in Westfalen - nach den Ereignissen des 7. Oktober.
Zahlreiche Mitglieder der Gemeinden pflegen familiäre oder freundschaftliche Kontakte zu Menschen in Israel. Sie alle treibe nach wie vor das Entsetzen über die Brutalität des Überfalls der Hamas um und zudem die Sorge um noch immer in deren Gewalt verbliebene Geiseln, berichteten Zwi Rappoport, Irith Michelsohn und Alexander Sperling. Darüber hinaus stehe die Sorge um die dauerhafte Existenz Israels als Zufluchtsort jüdischen Lebens. Die Gäste berichteten über sich verschlechternde Lebensumstände in Israel, ließen aber auch die gegenwärtigen Probleme der Bevölkerung in Gaza nicht unerwähnt.
Als sehr belastend beschrieben die Vertreter*innen der jüdischen Gemeinden den deutlich spürbaren Antisemitismus, der in Deutschland seit Oktober vergangenen Jahres erheblich zugenommen habe. Zwi Rappoport beklagte in diesem Zusammenhang viele undifferenzierte, israelfeindliche Reaktionen in weiten Teilen der Bevölkerung, auch unter Kulturschaffenden.
Als dringenden Wunsch äußerten die jüdischen Gäste, in ihrem jeweiligen gesellschaftlichen Umfeld mehr Aufmerksamkeit und ggf. Unterstützung zu erfahren. In diesem Sinne, so Rapport, Michelsohn und Sperling, dankten sie der Kirchenleitung für die Einladung zum persönlichen Austausch, die sie sehr erfreut habe. Kirchenleitung und Vertreter*innen der jüdischen Verbände vereinbarten, den gegenseitigen Kontakt zu intensivieren. Für ein nächstes Austauschtreffen ist der Besuch der westfälischen Kirchenleitung in einer Synagoge geplant.