Silke Niemeyer als persönliche theologische Referentin der Präses eingeführt
„Seit du Pfarrerin bist, faszinierst du die Menschen durch deine Worte“
Pfarrerin Silke Niemeyer (57) ist am 6. Dezember von Präses Annette Kurschus in ihr Amt als ihre persönliche theologische Referentin eingeführt worden.
Im Gottesdienst in der Bielefelder Süsterkirche sprach die Präses über den biblischen Vers „Am Anfang war das Wort…“ (Johannes 1,1,). Denn mit ihm beginnt nicht nur das biblische Johannesevangelium. Sondern auch die Geschichte der leitenden Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) und ihrer neuen persönlichen Referentin, wie sich Annette Kurschus augenzwinkernd erinnerte. Denn: „Zuallererst – ich kannte dich gar nicht – habe ich deine Worte gehört. Und fasziniert aufgehorcht. Morgens um fünf vor sieben, WDR 5, kurz vor dem Frühstück, auf nüchternen Magen. Donnerwetter, dachte ich. Und hörte dir eine Woche lang Morgen für Morgen gebannt zu. Ähnliches wiederholte sich während der vergangenen Jahre mehrmals. Immer noch hatten wir uns noch nicht persönlich kennen gelernt. Außer über das Wort.“
Als sie dann im Frühsommer dieses Jahres bei Silke Niemeyer in Lüdinghausen anrief, „um dich ins Landeskirchenamt zu locken“, fand Annette Kurschus das rückblickend „ziemlich mutig“. Denn ihre Chancen auf Erfolg hielt sie für denkbar gering. „Immerhin hatte ich inzwischen einiges über dich erfahren und erfragt – und wusste: Du bist eine überaus geschätzte Theologin, eine erfahrene und äußerst beliebte Gemeindepfarrerin.“ Aber: Es hat funktioniert. Und nach nicht einmal zwei ziemlich turbulenten und ungewöhnlichen Monaten hat Kurschus das Gefühl, „als wärest du schon viel länger da.“
Für das Wort vom Anfang habe Silke Niemeyer bereits in der Jugendarbeit ihrer Kirchengemeinde in Hamm-Rhynern Feuer gefangen. Schon früh habe sie erlebt, „wie dieses Wort Menschen zusammenbringt, wie es Gemeinschaft stiftet und gemeinsamen Einsatz für die Welt.“ Zu den guten Erfahrungen mit dem „Wort vom Anfang“ kam schon zu Schulzeiten die „Lust an der Sprache“. Und später dann das Theologiestudium: „Seit du Pfarrerin bist, faszinierst du die Menschen durch deine Worte. Und berührst sie auf wundersame Weise mit dem einen Wort, von dem wir leben.“
Dem Wort, so Kurschus, aus dem auch „du lebst, auf das du selbst baust und dem due rückhaltlos vertraust. Aus dem du deine Kraft schöpfst und deine ansteckende Fröhlichkeit. Es lässt dich mit beiden Beinen auf dem Boden stehen, nüchtern und realistisch – und gerade deshalb immer auch mit Wundern rechnend. Es trägt dich mit deinen Geschichten, die du mitschleppst in jedem neuen Anfang. Auch in diesen im Landeskirchenamt. Sei willkommen, liebe Silke Niemeyer. Der, auf den wir gemeinsam warten, wird bei dir sein. Was immer kommt.“
Seit dem 25. Oktober ist Silke Niemeyer ihrem neuen Aufgabenbereich tätig. Sie hat Lust auf ihr neues Amt. Und sie hat „ungeheure Lust auf ein Lied, auf dieses Lied, das zur zweiten Adventswoche gehört: O Heiland, reiß die Himmel auf“ (EG 7). Und darum stellte sie das Lied von Friedrich Spee auch in den Mittelpunkt ihrer Predigt: „Weil es sich schier nicht einkriegt darin, den Retter herbeizuflehen. In kindlicher, in buchstäblich blühender Phantasie wird die Erde angeschrien, sie soll doch endlich dieses Blümlein hervorbringen. Und die Wolken: sie sollen ihn bitte, bitte ausregnen. Der Heiland, er soll sich nicht nur in die Krippe legen. Das ist zu wenig, viel zu wenig. Er soll den Himmel aufreißen. Und der Himmel ist nicht von Pappe, bei der das so einfach, ritsch ratsch, geht; den reißt man nicht auf wie ein Paket von Amazon. Der Himmel ist dicht, feste verschlossen, mit Tor und Tür und Schloss und Riegel gesichert. Man kann sich den Lockdown des Himmels nicht brutal genug vorstellen.“
Das Lied zu singen, verändere sie. Sagt Silke Niemeyer. „Seine Sehnsucht, seine Hoffnung, seine Vision von Befreiung ergreift meinen Atem und meine Stimme, sie erfüllt mein Inneres. Und in diesem Moment spüre ich: Christus ist lebendig in mir. Ich mag es nicht kleiner und nicht bescheidener ausdrücken. Solche Lieder wie dies sind Werkzeuge, um den Himmel aufzureißen. Und sie geben Kraft, selbst weiter zu reißen, die Gleichgültigkeit zu zerrreißen.“
Himmelaufreißer sollen wir sein und können wir sein. Da ist sich Silke Niemeyer gewiss und möchte in ihrer neuen Aufgabe selbst eine sein. Für sie ist klar: „Wir sollen und können das nicht nur, wir müssen das. Je hoffnungsloser und irrsinniger die Zeiten, desto mehr.“ Denn: Im Jammertal haben wir nicht mitzujammern, sondern singen: „Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, / darauf sie all ihr Hoffnung stellt? / O komm, ach komm vom höchsten Saal, / komm, tröst uns hier im Jammertal. // O klare Sonn, du schöner Stern, / dich wollten wir anschauen gern; / o Sonn, geh auf, ohn deinen Schein / in Finsternis wir alle sein.“