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Präses Annette Kurschus: Mit Militäreinsätzen lässt sich Schleppern nicht das Handwerk legen

Legale Reisewege für Flüchtlinge schaffen

Westfalen - Präses Annette Kurschus hat für Flüchtlinge legale Reisewege von Afrika nach Europa gefordert. »Mit Hilfe zeitlich begrenzt gültiger Reisedokumente muss für die Asylsuchenden eine legale Überfahrt in Sicherheit gewährleistet werden, damit sie dann ihre Asylanträge in Europa stellen können«, erklärte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) am Montag (18.5.) vor Journalisten in Dortmund.

Nur durch solche humanitären Korridore, nicht aber durch militärische Aktionen könne Schleppern und Menschenhändlern ihr kriminelles Handwerk gelegt werden. Präses Kurschus nannte als wegweisendes Beispiel dafür ein Pilotprojekt der evangelischen Kirchen in Italien, das von der EKvW als Partner unterstützt wird. In Zusammenarbeit mit der italienischen Regierung soll zunächst eine begrenzte Zahl von Personen in Marokko über die italienische Vertretung Reisedokumente nach Italien erhalten. Dort angekommen, können sie Asyl beantragen. Dieses Verfahren sei »ein Modell für die europäischen Staaten«, sagte Kurschus.

Eine »Politik der unterlassenen Hilfeleistung« dürfe es nicht mehr geben. Zu lange hätten die Verantwortlichen in den EU-Staaten auf die abschreckende Wirkung der tödlichen Gefahr einer Fahrt über das Meer gesetzt. Aber »weniger Rettungsmaßnahmen haben nicht weniger Flüchtlinge zur Folge, sondern mehr Tote. Das Mittelmeer ist zum Massengrab geworden.«

Die Präses begrüßte das Ziel der EU-Kommission, Flüchtlinge in den europäischen Staaten nach Maßstäben wie Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft zu verteilen. Noch besser wäre es nach ihrer Überzeugung allerdings, die Flüchtlinge selbst entscheiden zu lassen, in welchem Land sie Zuflucht suchen. Die aufnehmenden Länder müssten dann ihre Kosten von den anderen ersetzt bekommen: »Denn es ist besser, Geld hin- und herzuschicken als Menschen.«

Annette Kurschus würdigte den finanziellen, organisatorischen und politischen Einsatz des Landes Nordrhein-Westfalen für die Flüchtlinge. »Wir sind dankbar dafür, dass die Landesregierung einen grundlegenden Wechsel der Perspektive erreichen will. Von den Flüchtlingen her denken, darum geht es: Was brauchen sie? Unter welchen Bedingungen können sie hier gemeinsam mit den Einheimischen leben?« Die westfälische Landeskirche hat das vielfältige Engagement ihrer Gemeinden, Kirchenkreise und diakonischen Einrichtungen bis jetzt mit insgesamt 550.000 Euro gefördert und außerdem den evangelischen Kirchen in Italien 300.000 Euro für Projekte an den südlichen Außengrenzen der EU zur Verfügung gestellt. Die Föderation der Protestantischen Kirchen in Italien leistet seit Jahren auf Lampedusa und Sizilien soziale Arbeit für ankommende Flüchtlinge.

Präses Kurschus bekräftigte ihre grundsätzliche Zustimmung zum Kirchenasyl. Es schaffe keineswegs einen rechtsfreien Raum, sondern eine »Atempause«: im Sinne des Grundgesetzes und der Menschenrechte eine letzte Möglichkeit, erneut zu prüfen, ob eine lebensbedrohliche Abschiebung doch noch zu verhindern ist. Dies sei in rund 90 Prozent aller Kirchenasyle der Fall. »Am Ende verhilft ein Kirchenasyl also dem Rechtsstaat zu seinem Recht«, erklärte die Präses. Derzeit gibt es im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen 21 Kirchenasyle.

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