Westfälische Landessynode positioniert sich zu flüchtlingspolitischen Themen
Humanitäre Hilfen und Gerechtigkeit für Geflüchtete
synodeAKTUELL Nr. 8
Die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) engagiert sich weiterhin für humanitäre Hilfen und faire Zukunftsperspektiven von Geflüchteten. Das hat die Synode als höchstes Leitungsgremium der westfälischen Landeskirche am Donnerstag (19.11.) mit einer Reihe von Beschlüssen zur Flüchtlingspolitik zum Ausdruck gebracht.
Bereits am Montag hatte Präses Annette Kurschus in ihrem Bericht vor der Synode betont: „Auch und gerade jetzt, da sich Kameras und Kommentatoren ganz anderen Themen zugewandt haben, gilt unsere Aufmerksamkeit denen, die als Geflüchtete um Leib und Leben fürchten müssen oder um elementare Rechte gebracht sind. Ich denke besonders an das nach wie vor verzweifelte Schicksal der Menschen auf Moria – und an die fast ebenso verzweifelten und nach wie vor weitgehend ungehörten Bitten vieler Menschen und ganzer Städte auch in Deutschland, aktiv helfen zu dürfen. Europa, Deutschland und auch Nordrhein-Westfalen kann, sollte und muss hier mehr tun. […] Unsere Sorge, unsere Fürsprache und auch unser beharrlicher Einspruch werden nicht nachlassen, wo die Würde von Menschen – gleich welcher Herkunft, Nationalität, Religion oder Hautfarbe – bedroht und gefährdet ist.“ In diesem Sinne hat die Landessynode folgende Beschlüsse gefasst:
Landesaufnahmeprogramm zur Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland in NRW
Angesichts der prekären Lage in den Flüchtlingslagern im Mittelmeerraum fordert die Landessynode die Schaffung eines „Landesaufnahmeprogrammes zur Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland in NRW“. Die Not auf den griechischen Inseln betreffe weiterhin über 10.000 Menschen – davon rund ein Drittel Kinder und alte Menschen. Sie leiden an Gewalt, Obdachlosigkeit, Hunger und Durst sowie mangelnde medizinische Versorgung. „Die Evangelische Kirche von Westfalen“, heißt es, „sieht wie die evangelischen Schwesterkirchen im Rheinland und in Lippe eine hohe Dringlichkeit, dass unmittelbar alle Flüchtlinge aus Moria und ein Großteil der Flüchtlinge von den anderen ägäischen Inseln in sichere und menschenwürdige Verhältnisse gebracht werden.“ Kirchengemeinden und Diakonische Werke seien bereit, die Aufnahme und die Integration der aufgenommenen Menschen zu unterstützen. 2.000 zusätzlichen Geflüchteten könne somit geholfen werden.
Berücksichtigung der Pandemielage bei Abschiebungen
Bei geplanten Abschiebungen von ausreisepflichtigen Menschen müssen die individuellen Auswirkungen, das Erkrankungsrisiko und Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat in Bezug auf die SARS-Covid-2-Lage bei der Feststellung der Reisefähigkeit berücksichtigt werden. Darum bittet die Landessynode die Kirchenleitung, „in diesem Sinne mit dem Flüchtlingsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen das Gespräch aufzunehmen, damit dieses bei den Ausländerbehörden auf eine Beachtung der Pandemielage in den Zielstaaten hinwirkt“.
Soziale Beratung von Geflüchteten
„Gerade in Zeiten, in denen Nordrhein-Westfalen Asylsuchende für immer längere Zeit in zentralen Unterbringungseinrichtungen festhält, ist eine qualifizierte und behördenunabhängige Asylverfahrensberatung zur Wahrnehmung der Rechte der Geflüchteten unabdingbar.“ Sie trage dazu bei, Fehlentscheidungen zu vermeiden und entlaste damit Behörden und Gerichte. Hier hat die Diakonie bereits richtungsweisende Modelle entwickelt. Die Landessynode bittet die Kirchenleitung u.a. darum, „sich beim Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration NRW (MKFFI) weiterhin dafür einzusetzen, dass die Förderbedingungen für das Programm ‚Soziale Beratung von Geflüchteten‘ auch in Zukunft eine qualifizierte Beratung ermöglichen.“
Kirchenasyl – Eintreten für den Schutz von Leben und Freiheit
„Die Landessynode dankt den kirchenasylwährenden Kirchengemeinden für ihren Einsatz für Leben, körperliche Unversehrtheit und Freiheit von schutzsuchenden Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und ermutigt sie, auch weiterhin in begründeten Einzelfällen Kirchenasyl zu gewähren. Sie dankt der Kirchenleitung für ihre Bemühungen, die fachliche Begleitung der kirchenasylgewährenden Kirchengemeinden dauerhaft sicherzustellen.“ Außerdem bittet die Landessynode die Kirchenleitung, „bei den staatlichen Stellen auf die Einhaltung der Absprachen zum Kirchenasyl von 2015 zu drängen, insbesondere auf die Abkehr von der Praxis, Flüchtlinge im Kirchenasyl als ‚flüchtig‘ einzustufen.“
Europäische Humanitäre Korridore
Die Landessynode unterstützt die Initiative der partnerschaftlich verbundenen Föderation Protestantischer Kirchen in Italien (FCEI), durch den Aufbau und die Koordination eines europäischen Netzwerkes weitere so genannte „Humanitäre Korridore“ zu schaffen. Mit diesen sicheren und legalen Zugangswegen soll weiteren international Schutzbedürftigen der Weg nach Europa ermöglicht und ihre Integration gefördert werden.