Volker Schlöndorff erhält Ehrenpreis des Kirchlichen Filmfestivals Recklinghausen
Ein großer Geschichtenerzähler des Kinos
Es waren zwei besondere Tage im Cineworld Recklinghausen. Die Veranstalter des Kirchlichen Filmfestivals Spezial sind hoch zufrieden. „Die mehr als 500 verkauften Tickets sind ein gutes Zeichen für das Kino und für unsere Arbeit“, freute sich Julia Borries vom ökumenischen Veranstalterkreis „Kirche und Kino“.
Höhepunkt der zweitägigen Veranstaltung war am Samstagabend (24. September) die Verleihung des Ehrenpreises des Kirchlichen Filmfestivals an den Filmemacher Volker Schlöndorff. „Ihr Werk – vom ersten Film bis zu Ihrem jüngsten, der ein grandioses Zeichen des Vertrauens ist, sind Hoffnungswerke für das Leben“, würdigte Laudatorin Prof. Dr. Julia Helmke das Schaffen des 83-Jährigen. Als großer Geschichtenerzähler des Kinos habe er von Beginn an den Worten der Literatur und der Kraft der Bilder getraut. Es seien häufig unbequeme Filme, die Augenöffner sein wollen. „Sie haben die Wahrheit dieser Geschichten nie verraten und damit der ganz großen Erzählung, was Kino ist, was Leben ist, was Liebe, Gerechtigkeit, Leiden, Gewalt, Hoffnung ist, eine Perspektive hinzugefügt: mit Neugier, Wagemut und großer Kunstfertigkeit“, führte die Expertin, die über das Thema kirchliche Filmarbeit promoviert und seit 20 Jahren einen Lehrauftrag für Medien-Ethik-Religion an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen hat sowie sich seit 2013 als ehrenamtliche Präsidentin der internationalen protestantischen Filmorganisation Interfilm engagiert, weiter aus.
In seiner Danksagung lobte Schlöndorff das besondere Festival mit seinem außergewöhnlichen Programm. „Es ist etwas ganz wunderbares. Ich weiß nicht, ob es den Glauben rettet, aber es hilft sehr, die Kinos zu retten und damit auch den Film insgesamt“, merkte er an. Neben einer Urkunde erhielt der Oscarpreisträger einen Olivenbaum. „Ich bin selbst ein Hobbybauer und hatte einmal 600 Olivenbäume. Ich freue mich über diesen Olivenbaum, der auch ein Hoffnungszeichen für das Leben ist. Wer hätte gedacht, dass auch in Recklinghausen Olivenbäume wachsen“, sagte er schmunzelnd.
Im Gepäck hatte Schlöndorff seinen ersten Film „Der junge Törless“ aus dem Jahr 1966 und seinen aktuellen und ersten Dokumentarfilm „Der Waldmacher“ über den Agrarwissenschaftler Tony Rinaudo. Nach beiden Filmen kam er unter der Moderation von Michael M. Kleinschmidt, künstlerischer Leiter des Festivals, mit dem Publikum ins Gespräch. Gern beantwortete er Fragen zu seinen Filmen, berichtete von Herausforderungen und ließ die Anwesenden an zahlreichen Geschichten rund um die Filme, ihre Entstehungsgeschichte und aus seinem Leben teilhaben. Das Publikum erlebte einen Starregisseur in Plauderlaune, bei dem neben der Ernsthaftigkeit der Gespräche immer auch eine ordentliche Portion Humor durchblitzte.
Die aktuelle Situation der Kinos ist Schlöndorff ein Anliegen. „Ich kämpfe für das Kino. Denn es ist ein Ort, an dem wir gemeinsam einen Film erleben. Das ist etwas anderes, als allein vor dem Fernseher zu sitzen“, betonte er. Den direkten Austausch, wie er an diesem Abend möglich sei, brauche das Kino, um Zuschauerinnen und Zuschauer zurückzugewinnen. Die Kinos müssten sich umorientieren. „Die Streamingdienste haben auch einen positiven Effekt: Viele junge Menschen interessieren sich auf einmal für den Film und wollen wieder ins Kino gehen. Dafür muss ihnen nur das Richtige angeboten werden. In Recklinghausen haben Sie das begriffen. Man muss ein Programm anbieten, Schauspieler, Kameraleute und Filmschaffende einladen, die mit dem Publikum ins Gespräch kommen. Das ist eine große Chance“, unterstrich Schlöndorff.
Diese Chance wollen die Verantwortlichen des Festivals nutzen, denn bekanntlich ist nach dem Festival vor dem nächsten Festival. Im kommenden Jahr plant der Veranstalterkreis mit der künstlerischen Leitung wieder ein fünftägiges Festival und zwar vom 15. bis zum 19. März 2023.