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Günter Wulf geht nach 34 Jahren im Landeskirchenamt in den Ruhestand

„Dieses Haus ist mir ans Herz gewachsen“

„Ich hatte das große Glück, in einem Haus zu arbeiten, wo ich in einer guten Gemeinschaft meinen Glauben leben konnte“, sagt Günter Wulf. 34 Jahre war er im Landeskirchenamt, davon 18 Jahre als Verwaltungsdirektor. Nur wenige überblicken einen so langen Zeitraum in der Zentrale der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Als er am Altstädter Kirchplatz anfing, war Präses Reiß noch im Amt. Ihm folgten die leitenden Theologen Linnemann, Sorg, Buß und 2012 Annette Kurschus. Zum 31. Juli geht Günter Wulf zunächst in den Resturlaub und anschließend in den Ruhestand.

Es war ein anderes Landeskirchenamt damals, 1984, als der junge Verwaltungsfachmann in den kirchlichen Dienst eintrat und zunächst in der Arbeitsgruppe Schulen tätig war. Eine deutlich kleinere Behörde mit rund 150 Beschäftigten (gegenüber 270 heute). Anders organisiert: Es gab rein administrative Arbeitsgruppen und daneben, inhaltlich unabhängig davon, die Dezernenten des Kollegiums. Es gab eine strenge, deutlich sichtbare Hierarchie. Es gab Schreibmaschinen und – meistens – Frauen, die als reine Schreibkräfte daran arbeiteten. Und es gab in den leitenden Positionen nur Männer, die Anzug und Schlips trugen und mit „Herr Landeskirchenrat“ oder „Herr Oberkirchenrat“ angeredet wurden.

Günter Wulf war mittlerweile für die Aus- und Fortbildung in der Verwaltung zuständig, als Anfang der Neunziger Jahre die EDV eingeführt wurde. „Zunächst glaubte man, das vereinfacht die Arbeit und spart Personal“, erinnert er sich. „Aber mit den Möglichkeiten wuchsen die Ansprüche.“ So konnte man nun etwa Auswertungen und Abfragen durchführen, die ohne Computer nicht möglich gewesen wären. Zum Beispiel die Personalkosten eines einzelnen Arbeitsbereichs und ihre mögliche Entwicklung ermitteln, wenn bestimmte Faktoren zusammenkommen. Außerdem wuchsen dem Amt immer neue Aufgaben zu: Arbeitsschutz, Brandschutz, Gesundheitsschutz. Neuerdings auch Datenschutz. „Die steigenden Anforderungen sind nur mit mehr Personal zu bewältigen“, sagt Wulf. Im Oktober 1999 wurde er zum Verwaltungsleiter berufen, am 1. August 2000 trat er als Nachfolger von Jochen Faßbender dieses Amt an.

Bis dahin hatte er sich in der Mitarbeitervertretung engagiert, war zeitweise ihr Vorsitzender gewesen. Das aufzugeben, ist ihm nicht ganz leicht gefallen. Günter Wulf, als Arbeiterkind in einfachen Verhältnissen groß geworden, nennt sich selber einen „gewachsenen Sozialdemokraten“. Das bedeutet: gute Arbeitsbedingungen und soziale Gerechtigkeit als grundlegende Anliegen. Auch als Chef der Verwaltung hat er versucht, „in erster Linie für die Menschen im Haus da zu sein“.

Schon vor Jahren hat sich Günter Wulf dafür eingesetzt, die Aufgaben der landeskirchlichen Verwaltung immer wieder einer sachorientierten Prüfung zu unterziehen. „Ich war immer ein Verfechter von Aufgabenkritik oder Aufgabenklärung als ständiger Einrichtung. Die Anforderungen ändern sich, und damit auch die zweckmäßigen Maßnahmen. Vieles, was sich im Lauf der Zeit einschleift, ist verzichtbar – Neues wird notwendig.“ Nun, kurz vor seinem Ruhestand, ist die Landeskirche in einen Prozess der Aufgabenklärung eingetreten. „Ich freue mich, dass das jetzt anfängt“, sagt Wulf.

Eine „Maßnahme“, die regelmäßig rund 50 Mitarbeitende zu einer scheinbar unproduktiven halben Stunde versammelt, sieht er aber nicht nur als unverzichtbar an, sondern als ganz wichtigen Bestandteil der Kultur des LKA: die wöchentliche Hausandacht am Dienstagmorgen um halb neun. „Für mich ist das ein Highlight der Woche. Man kommt zur Besinnung, man kann über Grundfragen des Lebens nachdenken, oder auch über die Frage: Warum arbeite ich eigentlich hier? Das ist eindeutig ein Gewinn für unser Haus. Auch wegen der Vielfalt der Formen, die unsere Hausandachten auszeichnet.“

Günter Wulf weiß, dass nun eine der ganz großen Veränderungen in seinem Leben bevorsteht. Er geht nicht ohne Wehmut: „Dieses Haus ist mir ans Herz gewachsen.“ Aber er freut sich auf mehr gemeinsame Zeit mit seiner Frau, auf Reisen in Deutschland – „da kennt man so vieles noch nicht“ – auf Gartenarbeit zu Hause im Bielefelder Osten. Und auf ein Seniorenstudium an der Uni Bielefeld, Fach: Geschichte. Damit er sich mit seinem Sohn, dem Geschichtslehrer, mal auf Augenhöhe unterhalten kann.

 

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