Stellvertretende Superintendentin des Kirchenkreises Hattingen-Witten lädt zu Fürbittengebet ein
Beten für die Opfer der tödlichen Flüchtlingskatastrophe
HATTINGEN/WITTEN - »Ich möchte Sie bitten, in Gottesdiensten, Andachten und Gebeten die Situation der Flüchtlinge aufzugreifen und der namenlosen Toten, von deren Schicksal viele Angehörige vermutlich nie sicher erfahren werden, zu gedenken. Auch Klage über eigene Schuld und eigene Ohnmacht darf dabei Raum finden.« - Angesichts der tödlichen Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer vor Nordafrika wendet sich die stellvertretende Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Hattingen-Witten, Pfarrerin Heike Rienermann, mit einem Schreiben an die Christinnen und Christen in den heimischen Gemeinden.
Wut, Trauer, Entsetzen - diese Gefühle bewegen nicht erst seit Sonntag viele Menschen. »In vielen Gesprächen höre ich, dass diese Tatenlosigkeit endlich ein Ende haben müsse«, so die Pfarrerin aus Sprockhövel. Sie ahnt: »Viel ist es nicht, was wir hier in unserem Kirchenkreis Konkretes tun können – aber wir können Petitionen unterzeichnen, Lobbyarbeit machen und in Gesprächen immer wieder die Fakten gerade rücken, die so mancher gerne ignoriert, wenn er »nicht meine Schuld« oder »das Boot ist voll« skandiert.« Denn natürlich gebe es Zusammenhänge zwischen Armutsflüchtlingen und westlichem Wohlstand.
Währenddessen sterben weiterhin Hunderte von Menschen auf der Flucht aus ihren Heimatländern und auf der Suche nach Zuflucht in Europa im Mittelmeer. Es sei zum Gotterbarmen, so Heike Rienermann: »Angesichts der weitgehenden politischen Tatenlosigkeit ist das ein humanitärer Skandal«.
Auch Präses Annette Kurschus, findet deutliche Worte (Meldung vom 20.04.2015: »Europa darf sich nicht erneut und weiterhin schuldig machen«).
Fürbittengebt zur Flüchtlingskatastrophe vom 19.04.2015
Gott, wir sind verstört und betroffen, dass am vergangenen Wochenende mehr als 900 Flüchtlinge im Mittelmeer grausam ertrunken sind. Seit Jahresbeginn haben schon über 1500 Migranten ihr Leben verloren und wenn nichts geschieht, werden die Zahlen weiter steigen.
Wir bitten dich, gib uns ein mitfühlendes Herz, dass wir in tiefer Trauer Anteil nehmen am Schicksal der Opfer dieser Katastrophe und nicht gleich zur Tagesordnung übergehen. Da sind unzählige verzweifelte Menschen gestorben: Männer, Frauen und Kinder – hungrig, verfolgt, verletzt und erschöpft. Auf der Suche nach einer Lebensperspektive haben sie alles auf eine Karte gesetzt, um aus den Kriegsgebieten oder aus den Armutsregionen zu entkommen und sind unter unvorstellbar grausamen Bedingungen zu Tode gekommen, unter Deck erstickt oder in den Fluten ertrunken.
Die Täter sind skrupellose Schleuser, die Menschen unverantwortlichen Risiken aussetzen, nur um ihren Profit zu steigern. Aber Täter sind auch unsere europäischen Regierungen, die Geld nicht für Rettungseinsätze, sondern zur Sicherung der Grenzen einsetzen. Auch wir alle sind letztlich Täterinnen und Täter, die wir unseren Wohlstand auf ungerechten Wirtschaftsstrukturen gründen.
Gott, gib uns den Mut, die Abschottungspolitik als unmenschlich anzuprangern. Hilf uns, zu erkennen, wie sehr wir in diese Katastrophe verstrickt sind. Schenke uns Ideen das Teilen zu lernen. Gib uns die richtigen Worte, uns für das Recht auf Lebensperspektiven und für die Menschenwürde der Flüchtlinge einzusetzen. Lass uns gemeinsam dafür eintreten, dass mehr getan wird, um Menschenleben zu retten.
Gott, gib allen Helferinnen und Helfern auf dem Mittelmeer Kraft und Mut für ihren Einsatz. Stärke alle, die unverdrossen Projekte und Programme fördern, damit Menschen auch in ihrer Heimat Zukunftschancen bekommen. Und lass in unseren Gemeinden und Nachbarschaften Initiativen der Hilfsbereitschaft wachsen, Flüchtlinge bei uns willkommen zu heißen. Amen.