Eindrucksvolle Aktion zum Weltflüchtlingstag
„Beim Namen nennen“
„Es ist unerträglich“, so die ersten Worte von Ulf Schlüter in der Dortmunder St. Reinoldi-Kirche. Der Theologische Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen verlas am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, die Namen und Todesumstände von Menschen, die auf ihrer Flucht gestorben sind.
Die 14-jährige Jasminca, der 41-jährige Abdi, Layla und Ibrahim: Mehr als 60.000 Menschen sind seit 1993 bei dem Versuch, vor Armut, Krieg und Verfolgung nach Europa zu fliehen, zu Tode gekommen. So jedenfalls lautet die Zahl der recherchierten Todesfälle, die Dunkelziffer ist vermutlich dreimal so hoch.
Eine Woche lang, vom 14. bis 21. Juni, verlasen Frauen und Männer aus der Dortmunder Stadtgesellschaft und darüber hinaus in St. Reinoldi die Namen verstorbener Geflüchteter und erinnerten damit in Würde an sie. Zugleich machten sie auf das unerträgliche Leid aufmerksam, das Menschen an europäischen Außengrenzen beim Versuch erfahren, Asyl in Sicherheit zu erlangen. Mit dabei waren unter anderem Dortmunds Polizeipräsident, der Kulturdezernent der Stadt, Bürgermeisterinnen verschiedener Parteien und der Direktor des Dortmunder Theaters. Den Abschluss machte der Theologische Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, Ulf Schlüter.
Mit der Initiative „Beim Namen nennen“ setzte ein Dortmunder Aktionsbündnis, zu dem die Flüchtlingsinitiativen in Dortmund und kirchliche sowie zivilgesellschaftlich engagierte Gruppen, Institutionen und Privatpersonen gehören, ein eindrucksvolles Zeichen gegen das Vergessen. In der Kirche und in der Fußgängerzone davor erinnerte ein Mahnmal aus vielen Tausend Stoffstreifen an die auf der Flucht Verstorbenen. Auf jedem der Streifen waren Name, Herkunft, Fundort und Todesursache eines Menschen aufgeschrieben. Schülerinnen und Schüler aus Dortmund und Lünen hatten mehr als 30.000 dieser Stoffstreifen beschriftet.
Zahlreiche Passanten legten auf ihrem Weg über den Dortmunder Ostenhellweg einen Stopp am Mahnmal ein, einige betraten die Kirche und hörten zu. Draußen lasen sie einzelne Namen, hielten einen Moment inne und setzten dann nachdenklich ihren Weg fort. „Das ist furchtbar zu sehen“, sagte ein Mann, nachdem er einige Momente bei dem Gestell, an dem die Streifen aufgehängt waren, verharrt hatte. „Man wird sonst gar nicht darauf aufmerksam. Aber das schafft so ein Kunstwerk – und das ist gut.“