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Vielfalt kirchlicher Berufe: Präses Kurschus im Gespräch mit Diakoninnen und Diakonen

Unverzichtbare „Grenzgänger und Brückenbauer“

Für Präses Dr. h. c. Annette Kurschus sind Diakoninnen und Diakone unverzichtbare „Grenzgänger und Brückenbauer“. Etwa 1.200 von ihnen arbeiten zurzeit im aktiven Dienst von Kirche und Diakonie – zum Beispiel in Kirchengemeinden und Bildungseinrichtungen, Beratungsdiensten, Krankenhäusern oder Einrichtungen der Behindertenhilfe.

Mit rund 150 Diakoninnen und Diakonen traf sich die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen jetzt im Rahmen des 2. Westfälischen Diakoninnen- und Diakonentages, der unter dem Motto „Alles hat seine (keine?) Zeit“ stand, in Bielefeld-Bethel. Ein Zeichen der Würdigung dieser Berufsgruppe, ein Signal der Offenheit für Probleme, Hoffnungen und Erwartungen mit einem Ziel: gemeinsam Zukunftsperspektiven für eine sich wandelnde Kirche entwickeln. In ihrem geistlichen Impuls zu Beginn sprach Präses Kurschus die breite Qualifikation und damit auch vielfältigen Arbeitsbereiche der Diakoninnen und Diakone an: „Ihre Ausbildung macht Sie zu Grenzgängerinnen und Grenzgängern im besten Sinne des Wortes: Sie haben theoretisches Wissen und praktische Erfahrungen in Theologie und Diakonie, im sozialen und im wirtschaftlichen Bereich. Was wir oft nur mühsam zusammendenken und noch mühsamer zusammenbringen, scheint in Ihrem Grundberuf selbstverständlich vereint.“ Die Vielfalt der beruflichen Einsatzbereiche, so Kurschus, komme also nicht von ungefähr. Interprofessionelle Teams heiße das Zauberwort, „dem wir für die Gegenwart und Zukunft unserer Kirche einiges zutrauen“. Und dafür würden gerade Diakoninnen und Diakone dringend gebraucht: „Sie scheinen mit Ihrer Profession für solche verheißungsvolle Teamarbeit geradezu prädestiniert. Weil Grenzgängerinnen und Grenzgänger in der Regel auch gut sind im Kontakt und im Brückenbauen.“

„Stell dir vor, du bist Diakon – und keiner merkt’s…“

Professor Dr. Okko Herlyn, Theologe und Kabarettist, fragte in seinem humorvollen, aber doch tiefsinnigen Impulsvortrag nach dem spezifisch christlich-diakonischen Profil in der täglichen Arbeit und warnte vor seinem eklatanten Bedeutungsverlust: „Stell dir vor, du bist Diakon oder Diakonin – und keiner merkt’s…“. Was ein bisschen flapsig-provokant klang, war durchaus ernst gemeint. Herlyn dachte an einen Pfarrer, der auf der Mitarbeitenden-Weihnachtsfeier in einer diakonischen Einrichtung lieber „Nachdenkliches“ von sich gab als eine auch so deklarierte „Andacht“. An eine Psychologin einer christlichen Beratungsstelle, die nix vom Glauben hält. Oder an eine Sozialarbeiterin, die Kraft für ihren Job lieber im meditativen Bogenschießen als im stillen Gebet schöpft. Drei Beispiele – ein Problem: Der „sichtbare Markenkern unserer Arbeit“, die Bibel, verschwinde mehr und mehr aus dem Berufsalltag. Herlyn fordert mit Blick auf den persönlichen Glauben ein Ende der „genierlichen Haltung“ und „ekklesiogenen Neurosen“. Denn: „Wir müssen uns der biblischen Botschaft wahrlich nicht schämen!“ Allerdings müssten auch die beruflichen Rahmenbedingungen passen. Wo Pflege aber im Minutentakt abgerechnet werde, fehle oft die Zeit zur biblischen Orientierung, werde der Glaube zur „Freizeitbeschäftigung nach Feierabend“. Seine Forderung: „Diakonische Arbeit muss Zeit für die Bibel haben! Und wenn wir nicht davon überzeugt sind, dass die biblischen Botschaften für unsere Arbeit wichtig sind, sollen wir sie lieber zugeschlagen lassen!“

Zur Wirklichkeit der diakonischen Praxis

Die Frage, wie das Kirchliche in die Diakonie komme, beantwortete Dr. Johanna Will-Armstrong (Vorstandsmitglied der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel) kurz und knapp: „Durch Diakoninnen und Diakone!“ Schließlich seien sie so genannte Personal Marker: „Sie sind personale Anker, durch die sich die Zuordnung der Diakonie zur Kirche zeigt, festigt und weiterentwickeln kann.“ Sie stünden für die diakonische Profilierung ihrer Handlungsfelder ein, seien in der Kommunikation nach innen und außen sprachfähig zur evangelischen Identität und prägten die diakonische Haltung auch in Bezug auf die ethische Verantwortung. Eine Wechselwirkung. Dem schloss sich auch Christian Heine-Göttelmann (Vorstandsvorsitzender der Diakone RWL) an, der sich mit der Frage beschäftigte: „Wie kommt das Diakonische in die Kirche?“ Diakonie ist für ihn nicht nur Wesensäußerung, sondern Gestalt der Kirche. Sie verleihe Kirche in einer zunehmend säkularisierten Welt Glaubwürdigkeit.

Wie geht es weiter?

Diese Begegnung verlangt – wie die Treffen mit den anderen kirchlichen Berufsgruppen auch – nach Fortsetzung. Daran ließen die Diakoninnen und Diakone im Rückblick auf den anregenden Tag keinen Zweifel. Präses Kurschus: „Es wird eine dritte Runde geben, in der nach dem Austausch der jeweiligen Berufsgruppen unter sich Begegnungen miteinander stattfinden – berufsübergreifend zwischen all denen, die Kirche heute leben und sie für die Zukunft gut aufstellen wollen.“

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