NRW-Eröffnung der 60. Aktion von Brot für die Welt in Gelsenkirchen
Hunger nach Gerechtigkeit – Hunger nach Brot
Dass der Hunger nach Gerechtigkeit bei uns größer wird als der Hunger der Menschen in armen Ländern nach Brot– das wünschte Präses Annette Kurschus zu einem besonderen Jubiläum.
Seit 1959 ruft Brot für die Welt zu Spenden für Projekte in Afrika, Asien und Lateinamerika auf. Der nordrhein-westfälische Auftakt zur 60. Aktion der evangelischen Hilfsorganisation im Gelsenkirchener Rathaus am Sonntagabend (2.12.) verband Informationen mit Unterhaltung.
Präses Kurschus, leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen, beschrieb Gerechtigkeit als sozialen Begriff. Gerechtigkeit im biblischen Sinne habe immer die Gemeinschaft als Ganzes im Blick: „Es geht doch darum, dass für alle gesorgt ist.“ Der Einsatz für Gerechtigkeit sei typisch für den Protestantismus: „Himmel und Erde gehören zusammen. Das singen wir zu Heiligabend: Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden. Da kann es uns nicht egal sein, was in der Welt geschieht. Flucht, Migration und Hunger hängen eng zusammen. Es ist doch ein Skandal, wenn täglich Tausende Menschen an Hunger und Mangelernährung sterben.“
Jesus habe gezeigt, wie Teilen geht und sich den Menschen zugewandt, denen es am Notwendigen fehlt. Es sei das große Verdienst von Brot für die Welt, das Bewusstsein wach zu halten für Ungerechtigkeit und die ungleiche Verteilung der Güter in der Welt. „Darin dürfen wir nicht nachlassen! Der Hunger nach Gerechtigkeit ist ein Hunger, der nicht zu schnell gestillt werden darf, damit alle ein Leben in Fülle haben, wie Jesus es verheißen hat!“ so Präses Kurschus.
Wie hilft Brot für die Welt? Das wurde am Beispiel des Ausbildungszentrums CAPA in Bukavu/Kongo anschaulich. Dessen Leiter Banywesize Mukuza berichtete von ehemaligen Kindersoldaten, die in dem vom Krieg geschundenen Land Schlimmes erlebt und auch selbst schreckliche Verbrechen begangen haben. In CAPA lernen sie Berufe wie Automechaniker, Elektriker, Maurer, Schuhmacher, aber auch Kapitän oder Instrumentenbauer. Die produktive Arbeit hilft ihnen, mit den traumatischen Erlebnissen umzugehen. Bis jetzt haben rund 700 frühere Kindersoldaten dort eine Ausbildung absolviert und psychosoziale Betreuung erhalten.
Über Armut vor der eigenen Haustür sprach Heiner Montanus, Superintendent des Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid. Er berichtete von Kindern, die morgens ohne Frühstück in den Evangelischen Kindergarten kommen. „Viele kennen nicht den Unterschied zwischen einem Apfel und einer Birne oder wissen nicht, was Kohlrabi ist. Wir haben diese Kinder vor uns, und die sollen was Vernünftiges zu essen bekommen.“ Christian Heine-Göttelmann, Vorstand der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe, sprach von einem neuen Blick auf die sozialen Probleme im eigenen Land, der durch Brot für die Welt möglich werde. Was das für Gelsenkirchen bedeutet, erklärte Oberbürgermeister Frank Baranowski: „Als arme Stadt setzen wir einen großen Schwerpunkt auf Bildung – wenn wir einen Euro zur Verfügung haben, investieren wir ihn lieber in Bildung als in Straßensanierung.“ (MedienInfo 91/2018)