Die Kirchensteuer ist in Deutschland die weitaus wichtigste Einnahmequelle, mit der die großen Kirchen ihre Arbeit finanzieren. Die Kirche ist eine Solidargemeinschaft, in der die finanzielle Last möglichst gerecht auf viele Schultern verteilt wird.
Leitender Grundsatz der Kirchensteuer ist eine möglichst große Steuergerechtigkeit: Die individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines jeden Mitglieds wird berücksichtigt, die Kirchensteuer ist an die Lohn- und Einkommensteuer gebunden. Wer mehr verdient, zahlt mehr Steuer und damit mehr Kirchensteuer – und umgekehrt. Die Mitglieder leisten auf diese Weise einen finanziellen Beitrag zum Leben ihrer Kirche.
Kirchen sollen selbständig existieren können
In Deutschland hat die Kirchensteuer historische Wurzeln. Vor etwa hundert Jahren (1903/1905) bekamen die Kirchengemeinden per Gesetz das Recht, Kirchensteuer zu erheben. Denn die Kirchen, bis dahin finanziell sehr stark vom Staat abhängig, sollten selbstständig existieren können. Im Jahr 1919 wurde das Besteuerungsrecht in die Verfassung der Weimarer Republik aufgenommen, heute ist es im Grundgesetz (Artikel 140) und in der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen (Artikel 22) verankert.
Die Mehrheit der christlichen Kirchen finanziert sich anders – etwa durch Kirchenbeiträge, durch Kollekten und Spenden insbesondere der Mitglieder, durch Erlöse aus Grundbesitz, durch den Verkauf von Kerzen, Bildern und diversen Artikeln oder auf anderen Wegen.
Kirchensteuersysteme bestehen auch in Dänemark, Finnland, Schweden, Island und Kantonen der Schweiz. In Norwegen wird die Kirchensteuer in ähnlicher Form erhoben.
Die Abwicklung über die Finanzämter spart Geld
Allein die öffentlich-rechtlichen Kirchen dürfen von ihren Mitgliedern Kirchensteuer erheben. In Deutschland wird die Kirchensteuer im Auftrag der Kirchen durch die Finanzämter festgesetzt. Dieses Verfahren ist für beide Seiten vernünftig und spart Kosten. Es verstößt nicht gegen die Trennung von Kirche und Staat: Die Finanzverwaltung erhält für ihre Dienstleistung eine Vergütung in Höhe von drei Prozent der Kirchensteuer. Der Aufbau einer eigenen Kirchensteuerverwaltung einschließlich eigenem Kirchensteuerveranlagungsverfahren (Kirchensteuerbescheide) wäre schätzungsweise drei- bis viermal so teuer wie das derzeitige Verfahren.
Gesellschaftliches Engagement nicht ohne Kirchensteuern möglich
Das breite und vielfältige Engagement in allen Bereichen der Gesellschaft, wie es die großen Kirchen in Deutschland kennzeichnet, wäre ohne Kirchensteuer nicht möglich. Sie gewährleistet die finanzielle Unabhängigkeit der Kirchen und ist eine Grundlage umfassender kirchlicher Angebote. Dabei berücksichtigt sie zumindest weitgehend Kirchenmitgliedschaft und Steuergerechtigkeit.