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La Plata-Tag: Leonardo Schindler, Präsident der südamerikanischen Partnerkirche, zu Gast in Bielefeld

Westfalen und La Plata: Unterschiede und Gemeinsamkeiten

MedienInfo 52/2019
 

Zwei Kirchen, ganz verschieden und doch in vielen Punkten ganz ähnlich: Die Evangelische Kirche am La Plata und die Evangelische Kirche von Westfalen. Was sie trotz aller Unterschiede verbindet und wie sie voneinander lernen können – darum ging es am Freitag (30.8.) beim La Plata-Tag in Bielefeld, an dem über 50 Personen teilnahmen. Der neue Präsident der südamerikanischen Kirche, Leonardo Schindler, war aus diesem Anlass erstmals zu Gast in Deutschland.

Dass beide Kirchen einen kritischen Blick auf die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung haben, wurde schon an dem Geschenk deutlich, das Präses Dr. h. c. Annette Kurschus dem Besucher überreichte: ein Faksimile der theologischen Erklärung der Bekenntnissynode von Barmen 1934. Damals grenzte sich ein Teil der evangelischen Kirche klar von der NS-Ideologie und vom totalitären Anspruch des Staates ab. Das Original des Barmer Bekenntnisses, dem beide Kirchen verpflichtet sind, wird im Archiv der westfälischen Landeskirche aufbewahrt. „Die Barmer Erklärung ist heute so aktuell wie damals“, sagte Präses Kurschus. „Sie mahnt uns, im Hören auf das Evangelium wachsam zu sein gegenüber Zeitströmungen.“

Kleine Minderheit in überwiegend katholischer Umgebung

Die Kirche am La Plata, 1899 von deutschsprachigen Auswanderern gegründet, erstreckt sich über Argentinien, Paraguay und Uruguay. In überwiegend katholischer Umgebung ist sie eine kleine Minderheit. „Bei ganz unterschiedlichen Voraussetzungen stehen wir vor sehr ähnlichen Herausforderungen und Fragen“, erklärte die westfälische Präses. Früher selbstverständliche Traditionen der Weitergabe des Glaubens gibt es heute nicht mehr. „Wie vermitteln wir den Menschen in einer immer individualistischeren, säkularen Leistungsgesellschaft, dass ihr Leben und das Leben jedes Menschen einen Wert und einen Sinn hat?“, fragte Präsident Schindler. Seine Antwort: „Wir brauchen eine Sprache für unsere gute Botschaft, die sie emotional und intellektuell anspricht.“ In der Partnerschaft sehen beide ein Feld für gemeinsames Lernen und gegenseitige Unterstützung. In Westfalen wie am La Plata misst man einer soliden theologischen Ausbildung der Pfarrerinnen und Pfarrer höchste Bedeutung bei. 

Täglich ein Mord an einer Frau

Die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen sich die La Plata-Kirche behauptet, sind ungleich schwieriger als in Deutschland. Präsident Schindler berichtete von extremer sozialer Ungleichheit, von verletzten Menschenrechten, verseuchten Böden, verschmutztem Wasser und verpesteter Luft. Er berichtete von Frauen, die Gewalt erleiden und ermordet werden - in Argentinien komme es im Durchschnitt pro Tag zu einem Femizid (Frauenmord). Als Problem nannte er auch das Anwachsen fanatischer fundamentalistischer Bewegungen, zum Beispiel Pfingstkirchen, deren Moralvorstellungen die Menschenrechte von Frauen, aber auch von Homosexuellen missachten. Dagegen kämpft die La Plata-Kirche – oft auch gegen die Vorurteile ihrer eigenen Mitglieder. Populistische Politiker machen sich solche Strömungen zu Nutze, da sie für viele Wählerstimmen sorgen und auch dem jetzigen Präsidenten Jair Bolsonaro in Brasilien zum Erfolg verhalfen.

Präsident war von lebendiger Partnerschaft beeindruckt

Leonardo Schindler war beeindruckt von den vielfältigen, lebendigen Partnerschaftsbeziehungen der westfälischen Landeskirche auf vielen Ebenen. Der La Plata-Tag bot auch Raum für Austausch und Information über Themen rund um die Partnerschaft. Die Jugenddelegation aus Halle und die Lydiagemeide Bielefeld berichteten von ihren noch frischen Reiseeindrücken. Die Gelsenkirchener Bürgerstiftung sucht Partner für gemeinsames Lernen an ähnlichen Herausforderungen in multikulturellem, prekärem Umfeld. Zu Wort kamen auch die Freiwilligen, die zurzeit mit Begeisterung in Bottrop und Gelsenkirchen hilfreich und als Botschafterinnen vom La Plata aktiv sind, und zurückgekehrte Freiwillige aus Deutschland mit viel Lust auf weiteres Engagement hierzulande.

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