Gelsenkirchener Pauluskirche ist Denkmal des Monats
Schule macht Denkmalschutz
Seit 2018 wirken Schülerinnen und Schüler des Gelsenkirchener Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasiums daran mit, die Pauluskirche im Gelsenkirchener Stadtteil Bulmke-Hüllen zu erhalten und umzunutzen. In einem Projekt untersuchen sie derzeit die Auswirkungen von Umwelteinflüssen auf das Baudenkmal und forschen zu seiner Geschichte. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) nimmt dieses Projekt zum Anlass, die Pauluskirche als Denkmal des Monats Februar auszuzeichnen.
„Die Pauluskirche liegt direkt gegenüber der Schule. Indem sie sich mit dem Baudenkmal auseinandersetzen, gestalten die Schülerinnen und Schüler ihre gegenwärtige und zu-künftige Lebenswelt mit“, sagt LWL-Denkmalpfleger Dr. Oliver Karnau. Gemeinsam mit der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Gelsenkirchen hat er eine Unterrichtseinheit im Rahmen des Schulprojekts durchgeführt. „Wir haben denkmalpflegerische Inhalte und Methoden vermittelt, um die jungen Forscherinnen und Forscher bei ihrer Arbeit an der Pauluskirche zu unterstützen“, so Karnau.
15 Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse arbeiten derzeit an dem Projekt mit, das die Fächer Biochemie, Chemie und Geschichte verbindet. Gemeinsam mit zwei Lehrkräften untersuchen sie in Experimenten, wie sich Umwelteinflüsse auf das Baudenkmal auswirken. Dafür nutzen sie auch das Alfried Krupp-Schülerlabor der Ruhr-Universität Bochum. Gefördert wird das Projekt im Rahmen des Schulprogramms „denkmal aktiv“ der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und von der Deutsche Bundesstiftung Umwelt.
Auch die Geschichte des Baudenkmals untersuchen die Schülerinnen und Schüler. Ihr Fokus liegt dabei auf der Zeit des Nationalsozialismus und des Wiederaufbaus. „Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die schwer geschädigte Kirche nach ganz neuen Architekturvorstellungen wiedererrichtet“, so Karnau. „Anstelle des historistischen Vorgängerbaus entstand eine ganz neue, eigenständige Bauform mit einer modernen Fassade, hohen rechteckigen Fenstern und einem hellen Innenraum mit schlanken, fast filigranen Stützen.“
Seit 2018 wird die Pauluskirche nicht mehr als Gottesdienststätte genutzt. Noch im selben Jahr machten das Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium und die Kirchengemeinde einen Workshop zur Ideenfindung. „Diese Zusammenarbeit hat sich seitdem etabliert, gemeinsam haben Gemeinde und Schule im Kirchenraum unterschiedliche Nutzungsformate erprobt“, sagt Karnau.
Die Arbeitsergebnisse des laufenden Forschungsprojekts sollen am Ende des Schuljahres öffentlich präsentiert werden. „Wir freuen uns darauf. Das Projekt zeigt auf beispielhafte Weise wie die kommende Generation als 'Erben des Erbes' zum Erhalt und zur Weiternutzung eines Denkmals beitragen kann“, so Karnau.
Hintergrund
Die 1911 nach Plänen des Elberfelder Architekten Arno Eugen Fritsche erbaute und 1944 schwer geschädigte Kirche wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nach neuen Architekturvorstellungen wiedererrichtet. Weil die historistische Erscheinung des Vorgängerbaus ab-gelehnt wurde, entstand eine weitgehend eigenständige Bauform. Nur die städtebauliche Anordnung, das Volumen, die Lage von Chorraum und Eingangsbereich sowie das Natursteinmauerwerk außen wurden übernommen. Hatte der beauftragte Architekt Otto Prinz aus Gelsenkirchen in seinen ersten Entwürfen noch romanisierende Rundbogenformen vorgesehen, war er in den folgenden Jahren zugunsten einer Fassade mit hohen recht-eckigen Fenstern davon abgewichen. Diese neue, moderne Auffassung spiegelt sich in der Gestaltung des großflächig durchfensterten, hellen Innenraums mit seinem rechteckigen Chorraum und den schlanken, fast filigranen Stützen wider.
1955 begannen die Arbeiten, 1958 hat die Gemeinde das neue Kirchengebäude bezogen. 60 Jahre später, im Jahr 2018, hat das Presbyterium nach dem Zusammenschluss der Evangelischen Kirchengemeinde Bulmke mit der Apostel-Kirchengemeinde Gelsenkirchen entschieden, die Kirche ab 2020 nicht mehr als Gottesdienststätte zu nutzen. In Zusammenarbeit mit dem Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium bereiten die Gemeinde und ein Förderverein eine Umnutzung der Pauluskirche vor. Begleitet wird dieser Prozess im Rahmen von „Zukunft - Kirchen - Räume“, einem Projekt von Baukultur Nordrhein-Westfalen e.V..