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Evangelisch-katholisches Gespräch

Ökumene 2.0

Wie geht es weiter mit der Ökumene? Wie arbeiten die evangelische und die katholische Kirche in Zukunft zusammen? Auf dem Kirchentag sprachen darüber ein katholischer Bischof und zwei evangelische Kirchenleitungspersonen am Samstag im Propsteihof, dem katholischen Zentrum in Dortmund.

Für alle stand fest: Angesichts von Bedeutungsverlust und Mitgliederschwund soll Ökumene nichts Zusätzliches sein, was man eben auch noch machen muss, sondern das ökumenische Miteinander muss das kirchliche Handeln auf allen Ebenen wie im Sauerteig durchdringen. „Die Krise muss uns gemeinsam dazu bringen, dass Menschen Räume entdecken, wo sie mit dem vorkommen, was sie zu Leben brauchen“, findet Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller. Es müsse jetzt um die Frage gehen: „Was will der Geist uns sagen?“, erklärte der Ökumenedezernent der westfälischen Landeskirche. Dieser Blickwechsel werde besonders deutlich in einer Initiative des Erzbistums Paderborn, in der gemeinsame Taufgottesdienste angestrebt werden. Stand bei der Taufe mit Blick auf die Ökumene bisher eher die Besitzstandswahrung im Vordergrund – ein neues Mitglied für unsere Kirche oder für die „Konkurrenz“? – müsse es jetzt um die gemeinsame Sendung gehen. Dieses Denken jenseits von Institution und Hierarchie sei in vielen Gemeinden vor Ort längst selbstverständlich. Als weiteres, bereits praktiziertes Beispiel für gelingende ökumenische Zusammenarbeit nannte Möller den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht. Und wies zugleich darauf hin, dass sich die nächste Herausforderung schon ankündigt, nämlich ein Religionsunterricht, der verschiedene Religionen einbezieht. Möller plädierte dafür, schon bei kleinen Kindern zusammenzuarbeiten, also in den Kindergärten, um ihnen dort die religiöse Primärerfahrung zu ermöglichen, die sie zu Hause heute in der Regel nicht mehr machen.

Möllers Kollegin Barbara Rudolph von der Evangelischen Kirche im Rheinland beschrieb die gemeinsamen Erklärungen zwischen evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümern als eine Frucht des Reformationsjubiläums 2017. Eine Erklärung aller Bistümer und Landeskirchen sei zwar nicht gelungen, „aber in jeder Region wurden die Inhalte gemeinsam durchdacht und entwickelt. Das arbeiten wir jetzt ab.“ Dazu, so die Oberkirchenrätin aus Düsseldorf, „müssen wir als Kirchenleitung neu Theologie treiben – was geht gemeinsam, wo sind Grenzen?“ Die Unterschiede dürfe man dabei nicht überspringen, sondern müsse sie theologisch durchdenken „Wir müssen uns theologisch abquälen mit dem, was wir zusammen tun können. Aber das macht Spaß“, sagte Rudolph.
Und sie hat kein Problem damit, dass diese Annäherung aus der Not heraus geschieht: „Aus Not sind in der Bibel oft Wunder entstanden.“

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck schätzt die Situation nüchtern ein: „Wir leben schon in nachökumenischer Zeit – für die meisten Menschen ist die Frage nicht, ob katholisch oder evangelisch, sondern ob christlich oder nicht.“ Als praktische Möglichkeit nannte er die gemeinsame Nutzung von Gebäuden anhand eines Beispiels aus Essen: „Wir müssen vermeiden, dass es in manchen Stadtteilen überhaupt kein christliches Gemeindezentrum mehr gibt.“ Auch bei der Militärseelsorge sei man auf Zusammenarbeit angewiesen, weil nicht mehr, wie früher, immer ein evangelischer und ein katholischer Pfarrer zur Verfügung stünden, etwa bei Auslandseinsätzen. Overbeck: „Wir brauchen eine neue Form von gegenseitiger Stellvertretung.“ Das gelte auch für die Seelsorge in Gefängnissen oder Krankenhäusern. Dass das in der Praxis nicht immer so einfach ist, machte eine evangelische Krankenhauspfarrerin aus dem Publikum deutlich. Sie schilderte die Situation, dass ein sterbenskranker katholischer Patient das Sakrament der letzten Ölung wünscht und oft kein Priester erreichbar ist. Dann mache sie das – und ernte einerseits große Dankbarkeit, andererseits auch Unsicherheit. Overbecks Lösungsvorschlag: Sie könne dem Patienten den Segen Gottes zusprechen.

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