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Tagung zu Kirche und Migration in Haus Villigst

Integration heißt mehr Teilhabe

MedienInfo 37/2019
 

Integrationsarbeit wird immer für Konflikte sorgen. „Dabei brauchen wir einen langen Atem“, waren sich Politiker, Sozialexperten und Kirchenvertreter bei einer Tagung zum Thema Migration der Evangelischen Kirche von Westfalen am Wochenende in der Tagungsstätte Haus Villigst in Schwerte einig.

Sowohl die Gesellschaft als auch die Kirchen stünden weiter vor großen Herausforderungen und Veränderungen. Die westfälische Kirche hat zu Kirche und Migration ein Diskussionspapier vorgelegt, über dessen Ergebnisse die Landessynode im November beraten will.

Der Soziologieprofessor Aladin El-Mafaalani skizzierte das Bild eines Tisches mit einem Kuchen, von dem mehr Menschen mitessen wollten. „Integration bedeutet, dass sich mehr Menschen an einen Tisch setzen“, sagte der Abteilungsleiter im nordrhein-westfälischen Integrationsministerium. Es gebe dann mehr Verteilungskonflikte. Gut integrierten Menschen reiche es nicht, ein Stück zu bekommen, sondern sie wollten mitentscheiden, was gekocht, nach welchen Regeln verteilt und gegessen werde.

Integration ist für Professor Jochen Oltmer (Universität Osnabrück) ein ständiges Aushandeln um Teilhabe – ökonomische, soziale und politische. Die Kirche sieht Oltmer als einen mächtigen Akteur, wenn es darum geht, Chancen der Teilhabe zu erstreiten und zu erkämpfen.

Integration werde für Flüchtlinge besonders erschwert, sagte der landeskirchliche Beauftragte für Zuwanderungsarbeit der westfälischen Kirche, Helge Hohmann. Statt Maßnahmen zur Integration erhielten sie bei ihrer Ankunft zuerst Hinweise für ihre Rückkehr. „Sie müssen immer um ihren Aufenthalt bangen und kämpfen, sie können von jetzt auf gleich abgeschoben werden“, beklagte der Theologe. Er forderte eine Umkehr in der Flüchtlingspolitik hin zu mehr Integration und weg von Abschiebungen.

Konflikte angehen, Haltung zeigen und um Werte ringen – dafür warb der Bielefelder Oberbürgermeister Pit Clausen. Ein Rezept für Integration gebe es nicht, ein solcher Prozess sei immer wieder von Widerständen, aber auch von Chancen und Rückenwind bestimmt. Über Integration zu reden sei besser als über Rückführungen, auch wenn diese nicht immer vermeidbar seien. Kommunen und Kirchen vor Ort würden die Probleme der Politik erkennen, sie könnten und sollten möglichst gemeinsam Lösungen finden.

Integrationsarbeit sei immer auch eine Machtfrage, erklärte Helga Siemens-Weibring von der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe. Wenn es um wirkliche Teilhabe gehe, „bleiben wir in einem bestimmten Stadium stecken“, bedauerte sie. Für mehr Nüchternheit einerseits, aber auch Leidenschaft im Umgang mit dem Thema Migration warb der westfälische Landeskirchenrat Jan-Dirk Döhling. Es sei Aufgabe und Pflicht der Kirche, einerseits durch Veränderungen beispielhaft voranzugehen, andererseits auch für Wahrhaftigkeit in der Debatte einzutreten. Es sei ein Skandal, dass die Zahl der Asylsuchenden in Europa immer weiter zurückgehe, um den Preis, dass immer mehr Menschen im Mittelmeer ertrinken.

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