Unsere aktuellen Nachrichten
auf einen Blick
Präses Annette Kurschus warnt zum 75. Jahrestag des Kriegsendes vor neuem Wettrüsten – Friedensbeauftragter Heiner Montanus: Freiheit muss immer neu gestärkt werden

Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg

MedienInfo 25/2020
 

75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat Präses Annette Kurschus vor einem neuen Wettrüsten gewarnt und zum Einsatz für die Würde des Lebens, ein solidarisches Miteinander und gegen jede Form von Rassismus aufgerufen. Die Verbrechen, die damals von Deutschland ausgingen, verlangten „ein kraftvolles Bekenntnis zur ewigen Erwählung des Volkes Israel und gegen jede Form von Antisemitismus in unserem Land, der mittlerweile wieder seine hässliche Fratze zeigt.“

Die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen sprach eine Videobotschaft auf dem Ehrenfriedhof des ehemaligen „Stammlagers 326 Senne“ in Schloß Holte-Stukenbrock bei Bielefeld. Dort waren von 1941 bis 1945 hauptsächlich sowjetische Soldaten und Zwangsarbeiter inhaftiert, von denen Zehntausende an Hunger und Entkräftung starben oder erschossen wurden. Ihre genaue Zahl ist unbekannt.

Der Wohlstand in Deutschland und Europa sei teuer erkauft mit dem ungezügelten Raubbau an den natürlichen Grundlagen des Lebens. Schwindende Lebensmöglichkeiten seien zur Quelle neuer kriegerischer Konflikte geworden. Kurschus: „In einer Zeit, in der sich die Staaten zu einem neuen Wettrüsten anschicken, in der weltweit so viele Menschen auf der Flucht sind wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr und in der ein unsichtbares Virus über die Grenzen von Ländern und Kontinenten hinweg weltweit Menschen mit Krankheit und Tod bedroht, ahnen und spüren wir: Frieden ist so viel mehr als die Abwesenheit von Krieg.“

Die Theologin wies auf den Frieden hin, den die Bibel bezeugt: „Schalom“ bedeute umfassendes Wohlergehen, Gerechtigkeit und Solidarität. Er sei „Gottes Gabe - und deshalb sehr handfest unsere menschliche Aufgabe. Gottes Schalom sucht Hände, die sich öffnen, um ihn zu empfangen, und Hände, die sich nach ihm ausstrecken und alles für ihn tun.“

Annette Kurschus erinnerte auch an das Versagen der evangelischen Kirche und der großen Mehrheit der Christen in Deutschland. „Wir müssen bekennen, dass sich unsere Kirche zwar im Eigeninteresse gegen die Übergriffe der Nazis wehrte, aber doch sprach- und tatenlos blieb, als die Würde des Menschen in Lagern, Kellern und Schützengräben verhungert ist.“

Der 8. Mai 1945 sei ein Tag der Befreiung gewesen – für Deutschland und ganz Europa: „Endlich fiel der braune Schleier von Gewalt und Rassenwahn, von Menschenverachtung und blindem Gehorsam, von verblendeter Mittäterschaft und dumpfem Mitläufertum. Endlich wurde benannt und bekannt, was geschehen war.“

Heiner Montanus, der Friedensbeauftragte der westfälischen Landeskirche, erinnerte zum Jahrestag des Kriegsendes daran, dass Freiheit, Demokratie und soziale Marktwirtschaft Errungenschaften sind, die mit dem Sieg der Alliierten über die NS-Diktatur möglich wurden. „Wir sind Gott und Menschen dankbar für diese von anderen für uns erkämpfte und uns geschenkte Befreiung und Freiheit!“ Sie müsse immer neu erhalten, gepflegt und gestärkt werden, erklärte Montanus, der im Hauptamt Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid ist.

Zurück