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Präses Kurschus: „Seine Stimme wird fehlen“ / MÖWe-Pfarrer: Tutu kämpfte für die Rechte der Schwachen

Das „Gewissen Südafrikas“: Trauer um Bischof Desmond Tutu

Der frühere Erzbischof von Kapstadt (Südafrika), Desmond Tutu, ist tot. Er starb mit 90 Jahren an Weihnachten (26. Dezember). Der Friedensnobelpreisträger setzte sich wie Nelson Mandela, der zu seinen Weggefährten gehörte und ein Freund war, gewaltlos gegen die Apartheid und Rassendiskriminierung in seinem Heimatland Südafrika ein. Tutu war der erste dunkelhäutige anglikanische Erzbischof von Johannesburg. Er war jahrzehntelang das moralische Gewissen des Landes.

Zum Tod von Desmond Tutu erklärte die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, die westfälische Präses Annette Kurschus (Bielefeld): „Desmond Tutu hat die Stimme für diejenigen erhoben, die nicht gehört wurden. Er war das Sprachrohr für die Menschen in Südafrika, die jahrzehntelang unter der Apartheid gelitten haben.“ Tutu habe sich aus seinem christlichen Glauben heraus für das Ende des Apartheidregimes eingesetzt. Die Welt habe einen Menschen verloren, „der das Evangelium in bemerkenswerter Weise gelebt hat. Wir haben ihm viel zu verdanken. Seine Stimme wird fehlen.“

Der Theologe Tutu war ein Verfechter für soziale Gerechtigkeit, Freiheit und gewaltlosen Widerstand. Die systematische Diskriminierung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit war für ihn unmoralisch und unvereinbar mit Gottes Wort. Unermüdlich engagierte er sich für die Versöhnung zwischen Menschen schwarzer und weißer Hautfarbe. Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) bezeichnete ihn als wichtigen Anführer im moralischen Kampf gegen die Apartheid.

Im Frühsommer dieses Jahres hatte der aus dem Kongo stammende Regionalpfarrer des Amtes für MÖWe, Jean-Gottfried Mutombo, noch an den südafrikanischen Erzbischof erinnert. Im Vorfeld zur westfälischen Landessynode hatte er in einem Beitrag über Herausforderungen einer kontextuellen Mission in einer „zerrissenen Welt“ verwies Mutombo aus afrikanischer Perspektive sodann auf Tutu: „Der Gott, den Jesus zu verkünden kam, war alles andere als neutral. Er stellte sich auf die Seite der Unterdrückten, der Armen, der Ausgebeuteten, nicht weil sie heiliger oder moralisch besser waren als ihre Unterdrücker. Nein, er war nur auf ihrer Seite, weil sie unterdrückt waren.“

Der MÖWe-Regionalpfarrer und Leiter des kreiskirchlichen Eine-Welt-Zentrums in Herne, Martin Domke, ist Tutu während der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Porto Alegre (Brasilien) persönlich begegnet. Er bezeichnete ihn als eine der „eindrücklichsten und vor allem kämpferischsten Naturen, wenn es um die Rechte der Schwachen ging. Seine Anwaltschaft bezog sich nicht nur auf die rassistische Politik unter der weiß dominierten Regierung während des Apartheid-Regimes in Südafrika. Desmond Tutu war immer da, wenn es um die unrechtmäßige Anmaßung von Privilegien einer bestimmten Gruppe ging, die auf Kosten der Schwächeren ihre Position stärken wollten.“ So ging er ebenso eindeutig gegen Korruption und gegen den regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) vor, wenn „schwarz“ dominierte Truppen ihre Interessen auf Kosten ihrer Lands- und Leidensgenossinnen und -genossen durchsetzten.

Tiefe Frömmigkeit und streitbare Haltung gegenüber den Mächtigen

Domke erinnerte auch daran, dass der Menschenrechtler Tutu als Unterstützer für die Rechte der ausgebeuteten Näherinnen und Näher in der Fußballproduktion gewonnen werden konnte. Fair gehandelte Fußbälle wollen den Beschäftigten in den Fabriken zu ausreichenden Löhnen verhelfen und auf Kinderarbeit bei der Produktion verzichten. Tutus Markenzeichen sei vor allem die Verbindung von tiefer Frömmigkeit mit einer mehr als streitbaren Haltung gegenüber den Mächtigen gewesen. „Dies bleibt eine Herausforderung für die weltweite Christenheit bis heute“, sagt der Herner Pfarrer, der im Januar 2022 in den Ruhestand gehen wird.

Desmond Tutu wurde am 7. Oktober 1931 in der Bergbaustadt Klersdorp/Transvaal geboren. Er arbeitete zunächst wie sein Vater als Lehrer, doch aus Protest gegen die rassistische Bildungspolitik der Apartheid-Regierung gab 1957 den Beruf auf und studierte Theologie. 1960 begann er als Geistlicher seine anglikanische Kirchenlaufbahn. Für seinen gewaltlosen Kampf gegen die Rassentrennung wurde Tutu 1984 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet; im selben Jahr wurde er Bischof von Johannesburg. Von 1986 bis 1996 war er Erzbischof von Kapstadt und damit Oberhaupt von rund zwei Millionen Anglikanern in Südafrika. Mit 79 Jahren zog er sich offiziell aus der Öffentlichkeit zurückzog – doch bis zuletzt äußerte sich Tutu kritisch gegen Rassismus und Diskriminierung in Südafrika und vielen Ländern der Welt.

Die Trauerfeier für den früheren Erzbischof von Kapstadt, Desmond Tutu, ist für Samstag (1. Januar 2022) geplant.

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