Präses Annette Kurschus bei der ökumenischen Ansgar-Vesper in Corvey
Auf Psalmen und Evangelien kauen
Die Bedeutung der Bibel für den christlichen Glauben hob die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Annette Kurschus in Corvey bei Höxter hervor. Dort in der ehemaligen Abteikirche an der Welterbestätte Corvey, die bis November ihr 1.200-jähriges Bestehen feiert, hielt sie die Festansprache bei der ökumenischen Ansgar-Vesper.
Die Bibel sei Quelle von Kraft, Hoffnung und Lebensmut, so die westfälische Präses in ihrer Ansprache. Die allgemeine Verunsicherung in der Gesellschaft sei indes derzeit groß: „Selten waren so viele Menschen auf der Suche nach Halt und Orientierung in ihrem fragilen Leben.“ Die Heilige Schrift halte allerdings keine Patentrezepte für die schweren Krisen und Aufgaben der Gegenwart bereit, sagte Annette Kurschus in dem Vespergottesdienst mit Spitzenvertretern der christlichen Kirchen in Westfalen und Lippe. Auch Jesus Christus, „das menschgewordene Wort Gottes“, gebe keine eindeutigen Antworten an die Hand für die großen Fragen, die die öffentliche Diskussion beherrschten.
Sie wünschte sich, anhand eines klaren Gotteswortes „mit Gewissheit sagen zu können, was etwa in Sachen Krieg und Frieden, in der unseligen Frage von Waffenlieferungen, richtig oder falsch ist“, sagte Kurschus. Allerdings werde in der Bibel zwar einerseits jede Form von Gewalt abgelehnt, andererseits aber dazu angehalten, Menschen in Not beizustehen und sie zu schützen.
Dennoch lohne es sich, das „Buch der Bücher“ zu lesen, denn es verändere die Menschen, die dies tun, betonte die Theologin. Kurschus erinnerte dabei an das biblische Bild von der Berufung des Propheten Ezechiel. Der wurde aufgefordert, die Buchrolle der Heiligen Schrift zu verspeisen, sie sich auf diese Weise im wahrsten Sinne einzuverleiben. Eindringlicher lasse sich nicht fordern, Gottes Wort ernstzunehmen und sich die Worte der Schrift anzueignen, so Kurschus. Dabei liege die Bibel durchaus hin und wieder schwer im Magen. Aber wer nicht aufhöre, sich die Schrift einzuverleiben, jeden Tag; „wer auf den Psalmen kaut, auf der Tora und den Evangelien, bleibt allein von diesem Kauen nicht unverändert. Und es gilt auch umgekehrt: Die Schrift ihrerseits wird verwandelt im Mund des Menschen, der sie aufnimmt.“
Besonders gut sei es, die Bibel in Gemeinschaft zu lesen. „Lassen Sie uns in Gemeinschaft miteinander bleiben - als orthodoxe, katholische, evangelische Christenmenschen“, sagte die EKD-Ratsvorsitzende. „Lassen Sie uns im Austausch miteinander bleiben über Gottes Wort, das brauchen wir selbst, und das braucht die Welt von uns.“
In dem Gottesdienst wirkten auch der Diözesanadministrator des Erzbistums Paderborn, Monsignore Michael Bredeck, und Bischof Anba Damian von der Koptisch-Orthodoxen Kirche in Deutschland sowie Geistliche unterschiedlicher Konfessionen aus dem Raum Höxter mit. Der ökumenische Vespergottesdienst wird seit 1999 im jährlichen Wechsel in katholischen und evangelischen Kirchen gefeiert. Die leitenden Theologen predigen dabei im Wechsel.
(epd/EKvW)