Unsere aktuellen Nachrichten
auf einen Blick
Präses Annette Kurschus appelliert an den Mut zur Veränderung

Diskussion zum Thema „Corona – Stresstest für die Gesellschaft“

Die Kirchentüren öffnen sich für Gottesdienste, dank sinkender Corona-Infektionszahlen kehrt ein Stück Normalität zurück.

In dieser „neuen, verheißungsvollen Phase des Pandemiegeschehens“ wirbt Präses Annette Kurschus darum, sich aktiv auf Veränderungen einzulassen. „Wir waren plötzlich gezwungen, vieles anders zu machen, und es ging erstaunlich gut“, sagte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) und stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende am Dienstag (8.06.) bei einer digitalen Veranstaltung des Instituts für Kirche und Gesellschaft der EKvW.

Die Präses rief dazu auf, jetzt genau hinzuschauen, was uns bereichert und was wir vermissen, denn: „Es braucht konkrete Verabredungen in den Gemeinden für die Zeit danach.“

Klaus Breyer, Leiter des Instituts für Kirche und Gesellschaft (IKG) in Schwerte, sagte in seiner Einführung: „Aus den Restriktionen der Pandemie steuern wir diese Woche in eine Weite, die zu einem historisch zu nennenden Neuanfang werden könnte.“ Auch der müsse gestaltet werden. Deshalb schaute die Veranstaltung unter dem Titel „Corona – Stresstest für die Gesellschaft“ auch auf die vergangenen Monate zurück und fragte: „Hat Kirche noch Bedeutung?“

„Besonders in der ersten Phase der Pandemie mangelte es nicht an kritischen Tönen, die vom Versagen der Kirche und vom Schweigen der Amtspersonen sprachen. Andere pochten darauf, die Kirche habe doch Systemrelevanz“, sagte Kurschus. Für sie stellt sich eher die Frage: „Erfüllen wir unseren Auftrag als Salz der Erde und Licht der Welt?“ Rückblickend sagte die leitende Theologin: „Der Gottesdienst war im Kern empfindlich getroffen. Sonst rückt man in der Gefahr zusammen, und genau das war auf einmal gefährlich. Mit unseren landeskirchlichen Empfehlungen bis hin zum Verzicht auf Gottesdienste in leibhaftiger Form haben wir es uns nicht leicht gemacht. Uns haben dabei nicht Angst oder Übervorsicht geleitet, wir haben uns am biblischen Doppelgebot der Liebe orientiert. Gottes- und Nächstenliebe lassen sich nicht voneinander trennen.“

Die Kirchengemeinden hätten sich mit höchster Geschwindigkeit auf die Veränderungen eingestellt, es habe einen Digitalisierungsschub und neue Wege in der Seelsorge gegeben, so die Präses. „Im Rückblick wäre ich gern mutiger gewesen, mich für Besuchsmöglichkeiten von Angehörigen in Altenheimen und Krankenkrankenhäusern einzusetzen, die im ersten Lockdown verboten waren“, sagte Kurschus. Sie hatte in den vergangenen Monaten mit Menschen aus Berufsgruppen gesprochen, die besonders von der Pandemie betroffen sind, wie Pflegekräfte und Mitarbeitende der Flüchtlingshilfe, Schausteller und Kulturschaffende. „Ich war beeindruckt, wie stark und unbeirrt sie bei ihrer Sache sind. Mir scheint, diese Zeit hat in allem, was beschwerlich war, auch noch einmal ungeahnte Kräfte geweckt“, berichtete die Präses.

Auch die Gäste der IKG-Diskussion nannten positive Erfahrung aus der Pandemie-Zeit – wie die Vielfalt digitaler Fürbitten, Haustürgeschenke und -gespräche für Senioren und einen Glaubensweg, der auch für Menschen mit Rollator geeignet war. „Ich habe erlebt, dass in den Zoom-Gottesdiensten manchmal mehr Nähe zu spüren war als in den regulären Gottesdiensten. Wer redet schon in der Kirche mit der Nachbarin? Wir können lernen: Nicht nur der Pfarrer oder die Pfarrerin hat etwas zu sagen, sondern die Menschen in den Kirchenbänken auch“, sagte eine Teilnehmerin.

Für Kurschus geht es bei der Rückkehr in die ersehnte „Normalität“ darum, ein gutes Maß zwischen neu entdeckten Möglichkeiten und bewährten Formen zu finden. Die leibliche Präsenz im Gottesdienst, bei Taufen und beim Abendmahl hält sie für unverzichtbar. Auf die Frage eines Teilnehmers nach einem „Sonderprogramm“ für Corona-Geimpfte sagte die Präses, es dürfe in Gottesdiensten keine Zwei-Klassen-Gesellschaft geben: „Das würde dem Charakter von Gemeinde, wo alle Menschen bedingungslos willkommen sind, widersprechen.“

Die Veranstaltungsreihe des Instituts für Kirche und Gesellschaft wird am 21. September fortgesetzt. Thema ist, wie junge Menschen die Corona-Pandemie erlebt haben. Es folgen weitere Diskussionen zu den Folgen für Menschen mit psychischen Erkrankungen und für Wohnungs- und Erwerbslose.

Zurück